Donnerstag, 27. Dezember 2007
Von geistigem Leerlauf und den zwei Seelen in meiner Brust
Die Weihnachtsfeiertage sind vorbei. Vielleicht sollte man sagen: sie sind geschafft.
Denn besonders der gestrige Tag war eine Härteprobe für Menschen, die nie das sagen, was sie sich denken, sondern die still sind, so lange es nur irgend geht, um sich nicht in Diskussionen zu verstricken, die sowieso kein Ergebnis hervorbrächten, weil die andere Seite stur bei ihrer Meinung bleibt.
Gestern war selbst ich kurz davor zu platzen.
Es ging um ein typisches Weihnachtsthema: Die Probleme, die andere Menschen mit sich, dem Leben und der Welt haben und mit denen sie nicht fertig werden bzw. die sie auf ihre Weise zu lösen suchen. - Ein beliebtes Thema, weil man dabei so schön die eigenen Macken vergessen und seinen Frust auf andere übertragen kann, weil man sich mit den persönlichen Problemen nicht auseinander setzen will. - Jedenfalls ging es darum, dass eine Bekannte wohl neulich aus dem Bett gefallen ist, als sie sehr alkoholisiert war. Ein gefundenes Fressen. Denn nun kann man darüber lästern, dass diese Frau ja schon immer "nicht ganz sauber" war und sowieso "einen an der Waffel hat". Da kommt man schnell zu dem Schluss: "Na soll sie doch weitersaufen bis sie dran stirbt!" - Die Tatsache, das Alkoholismus eine Krankheit ist, wird dabei einfach ausgeklammert. Besser noch: sie wird nihiliert! Saufen ist keine Krankheit!
Beim Thema Alkohol bin ich sehr empfindlich und kann mich nur schwer zurückhalten, wenn andere sich daran ergehen, welche Probleme ein Mensch damit hat und dass er davon nicht loskommt.
Ich kann es nicht verstehen, dass man sich darüber stundenlang den Mund fusselig reden kann und sich teilweise noch darüber lustig macht, was dem anderen im betrunkenen Zustand passiert ist.
Wahrscheinlich liegt das an meinem Helfersyndrom. Einfach nur dabei zusehen, wie sich ein Mensch langsam aber sicher selbst umbringt, ist nicht meine Art. Und wenn es über den Alkohol läuft, reagiere ich sowieso allergisch.
Diese Einstellung hat dazu geführt, dass die gestern anwesenden Personen in meiner "Achtung" sehr gesunken sind. In dieser Hinsicht befinden sie sich schon stark auf dem Weg zur Verachtung.
Alkoholismus hat seine Gründe in der Tiefe der Psyche. Irgendwas ist irgendwann einmal schief gelaufen oder etwas sehr schreckliches ist passiert und nun versucht dieser Mensch damit fertig zu werden, indem die Erinnerung daran oder die Gefühle, die damit verbunden sind und die immer wieder hochkommen, mit Alkohol bekämpft und unterdrückt werden sollen. - Was leider die Nebenwirkung hat, dass der Mensch daran zerbricht.
Ein schönes Bild dafür findet sich im Film "Einer flog übers Kuckucksnest", als der Indianer von seinem alkoholkranken Vater erzählt. Nicht der Vater hat den Alkohol aus der Flasche getrunken, sondern der Alkohol hat die Seele aus dem Vater gesaugt. - Meiner Meinung nach ein treffendes Bild.
Noch gute eineinhalb Wochen bis zu meinem Referat und fünfeinhalb Wochen bis zu den ersten Klausuren. - Und noch nichts ist gemacht.
Mein Hirn steht still. Nichts tut sich. Ständig bin ich abwesend. Starre Löcher in die Luft oder (wenn ich dann mal nachdenke) überlege mir, was ich sonst machen könnte.
Nacht Treppendorf fahren und das Saxophon ansehen, dass ich nie in meinen Händen halten werde.
Oder dem einen dominierenden Gedanken nachhängen. Der Idee, was am letzten Tag der Ferien passieren könnte. Endlich schlafen. Endlich Ruhe. Nicht mehr gejagt sein, keinen Stress mehr haben, keinen Druck. Einfach Stille.
Wenn nur die Sorge nicht wäre, was das für mein Umfeld bedeutete.
Aber vielleicht sind diese Befürchtungen auch bald weg.
Montag, 24. Dezember 2007
Der Geist des vergangenen Jahres
Ich bin zuhause, bei meiner Familie und es ist bis jetzt ähnlich wie im letzten Jahr.
Bisher hatte ich immer Angst, dass es total langweilig wird, alle sich nur anöden und nichts passiert, woran man sich das ganze Jahr über erinnern und beim nächsten Weihnachten daran anknüpfen könnte.
Dieses Jahr ist das anders.
Ich habe Angst, dass es genau so endet, wie im letzten Jahr. Vor allem Silvester. Der Jahrestag meines endgültigen Zusammenbruchs nähert sich mit unaufhaltsamen Schritten und meine größte Befürchtung ist, dass ich wieder dafür sorgen werde, dass niemand an Silvester gute Laune hat.
Die Ausgangssituation ist vergleichbar mit der im letzten Jahr:
Ich stehe wieder unter Druck. Denn, war es letztes Mal das Theaterstück, das geschrieben werden wollte, so ist es dieses Mal das Referat, das vorbereitet werden muss und die ersten Klausuren, die drohen und deren Stoff gelernt werden muss.
2006 war es so, dass ich dermaßen fertig war, dass ich nicht mal dran gedacht habe, dass es ja noch die berühmte Hintertür gibt; man könnte sich ja einfach verdrücken, den oft zitierten letzten Schritt machen.
Heuer, 2007, ist dieser Gedanke da. Ein Mal noch Weihnachten und Silvester mit Familie und Freund, noch ein Mal alles genießen, alles in mich aufsaugen und dann gehen.
Wie neulich schon erwähnt, macht mir diese Idee keine Angst mehr. Ich fürchte mich nicht davor, was da kommen würde, denn meiner Ansicht nach kommt da nichts. Was mir Sorgen macht ist das Sterben an sich. Wie fühlt sich das an? Hat man Schmerzen? Schläft man einfach nur ein wenn man genügend Pillen schluckt?
Das ist es, was mich zurückhält.
Das und der Gedanke daran, welche Nachwirkungen so ein Abgang hervorruft.
Das Wissen darum, dass es für meine Familie, Freund, Freunde und Bekannten nicht einfach so weiterginge. Und die Zeit des Jahres bliebe immer in unangenehmer Erinnerung.
Es bleibt mir also nichts anders übrig, als weiterzumachen. Fast bin ich versucht, leider zu sagen.
Hoffentlich stehe ich Silvester durch. Ohne Panikattacken, ohne Heulkrämpfe, ohne Angst und ohne den ständigen Drang, irgendwo herunter zu springen, was zu schlucken oder mich zu schneiden.
Wahrscheinlich sollte ich das tun, was schon Rio Reiser mal gesungen hat.
„Halt Dich an deiner Liebe fest!“
Also gut, dann klammere ich mich mal daran und wünsche mir mal wieder, dass das alles endlich ein Ende nimmt und ich wieder einigermaßen normal leben kann.
Ich glaube, das ist mein einziger wirklicher Wunsch für das nächste Jahr: ein normales Leben.
Selbstbewusst und mutig.
Mittwoch, 19. Dezember 2007
Trotz-Problem und Ablenkungsmanöver
Am besten lassen sie sich wohl so beschreiben:
Sie sind weiblich, relativ klein, sehr dünn, machen immer einen schwächlichen, sehr zerbrechlichen Eindruck, sie reden leise, monoton, leicht verworren und man hat ständig Angst, dass sie gleich zusammenbrechen, weil sie so kraftlos sind.
Wenn mir so jemand dann auch noch zeigt, dass ich etwas falsch gemacht habe und mir sagt, ich habe mich nicht überzeugend verkauft, wo ich doch nicht mal die Chance dazu hatte, dann ist alles aus. Dann werde ich stur und trotzig und diejenige hat dann kaum eine Option, sich bei mir in ein gutes Licht zu stellen.
Sicher ist das von mir verkehrt, es ist mein Fehler, wenn ich da gleich jemanden in eine Schublade stecke und ihn da nicht mehr rauslasse. Aber in solchen Angelegenheiten kann ich nicht aus meiner Haut. Der Knackpunkt ist allerdings, dass ich bei dieser Frau eine Hausarbeit schreiben müsste und im Augenblick ist es so, dass ich es mich überhaupt nicht reizt, auch nur ein Thema zu finden.
Mein Hirn ist schlauer als ich!
In zweieinhalb Wochen habe ich ein Referat zu halten und die ersten Klausuren tauchen am Horizont auf. Was mache ich? – Es fallen mir tausend Sachen ein, die ich machen müsste, könnte und sollte. Ich sitze da, starre Löcher in die Luft, löse Sudokus oder räume in meinem Zimmer herum.
Obwohl ich sehr wohl weiß, dass die Ferien nicht so viel Zeit bieten, wie es auf den ersten Blick aussehen mag!
Psychologisch gesehen ist das wahrscheinlich Verdrängung in Reinform.
Aber was tut man dagegen? Denn es rächt sich bereits jetzt schon in bitterster Form: Panikschübe!
Ich hätte nie in dieses Seminar gehen sollen.
Es zeigt mir nur jeden Mittwoch aufs Neue, dass das schlimmste geschehen ist, was mir passieren konnte: Ich kann kein Theater mehr.
Ich habe vergessen, wie es geht.
Mehr noch: Ich habe das Gefühl, es nicht gekonnt zu haben.
Es scheint mir unglaublich weit weg, beinahe fremd. Nein, nicht beinahe: Es ist mir fremd geworden. Eine fremde Sprache und ich habe nicht mal ein Wörterbuch.
Ich verstehe kein Wort, keinen Laut, nichts.
Es ist vorbei.
Dienstag, 18. Dezember 2007
Studieren ist wie Weihnachten
Warum schreibt man Seele mit zwei E´s und wie spricht man Keks eigentlich korrekt aus?
Das sind zwei Fragen, die mich schon länger beschäftigen und die gerade vorhin in der Linguistik-Sitzung wieder durch mein Hirn geschlichen sind.
Zur Seele:
eigentlich ist ja klar, dass man den ersten E-Laut in diesem Wort lang ausspricht. Selbst wenn man "Sele"
Das hängt mit dem Silbenprinzip zusammen: Endet eine Silbe auf einem Vokal und ist damit offen, wird dieser zu einem Langvokal.
Weshalb stehen da aber trotzdem zwei E´s?
Eine Erklärung wäre, dass es einfach eine optische Hilfe sein soll (das ist tatsächlich eine in der Wissenschaft vertretene Meinung!).
Warum allerdings dann kein H da steht, also
Zum Keks:
Hier ist es wohl schwierig, eine eindeutige Erklärung zu finden (jedenfalls für mich als Laien!), denn ich denke mal, dass sich dieses Wort vom englischen „cake“ ableitet, was ja so viel wie Kuchen heißt.
Das würde zumindest plausibel machen, warum wir "Keks"
Da man aber "Kex" durchaus
Damit hätte ich ja eigentlich meine Fragen selbst beantwortet.
Wobei ich hier jedoch deutlich machen möchte, dass ich keinerlei Garantie geben kann, inwieweit diese Spekulationen tatsächlich richtig sind.
Aber: zumindest für mich ist die Welt um zwei Geheimnisse ärmer geworden.
Was mich zu einem philosophischen Exkurs anregt:
Studieren bzw. Lernen im Allgemeinen heißt doch eigentlich nur, sich seiner Illusionen zu berauben und die Welt zu entmythologisieren.
Je mehr ich mir an Wissen aneigne, desto weniger kann ich verrückte Theorien aufstellen, warum bestimmte Dinge so und nicht anders sind.
Um das mit einem aktuellen Beispiel zu untermauern:
Lernen ist wie Weihnachten!
Solange ich die Geschenke eingepackt unter dem Christbaum liegen lasse, kann ich mir ausmalen, was sich darin wohl verbergen mag, weil ich nicht weiß, was tatsächlich drin ist. Ich kann mich in wildesten Phantasien ergehen und eine große Spannung baut sich in mir auf, die nur so lange schön ist, bis ich zur Tat schreite, die Schleifen aufziehe, das Papier entferne und letztlich vor dem wirklichen Inhalt sitze.
Dann ist die Spannung vorbei und grob gesagt ist auch Weihnachten in diesem Moment vorbei.
Die ganze Weihnachtszeit ist geprägt vom Warten auf diesen einen Moment. Und wenn er dann da und letztlich vorüber ist, ist Weihnachten beendet.
So ist es mit dem Lernen auch:
Man arbeitet eine ganze Weile darauf hin, dass man etwas dazulernt, etwas Neues, was man vorher noch nicht wusste. Man klärt Fragen, die einen schon soundsolange beschäftigt haben, sitzt am Ende vor einem Haufen Tatsachen und ist um eine Handvoll Hirngespinste ärmer.
So gesehen ist Studieren keine angenehme Angelegenheit und wenig kreativ.
Montag, 17. Dezember 2007
Na gut...,
JA, Götz ist kein Wolf und JA ich war vollkommen auf dem Holzweg.
Zu dieser Stellungnahme bewegt mich nicht etwa plötzlich erlangtes Verständnis oder eine rasante Eingebung, sondern die Erkenntnis, dass ich nur eine Studentin im zweiten Semester bin und die Dozentin eben eine Dozentin mit nem Titel. - Wenn sie so sehr darauf beharrt, dass ich mich da in eine Sache verrannt habe, die so nicht stimmt, dann wird sie wohl Recht haben.
Das sehe ich ein und gebe hiermit meinen Kampf um die Postition Götzens als Wolf auf.
Depression kann tödlich sein.
Wörtlich. Das wurde mir heute in einem ernsten Gespräch klar.
Es ist zwar eine Krankheit und die ist sehr gut behandelbar, sogar heilbar; aber der Weg ist manchmal lang und geht nicht immer nur bergauf, sondern kann in extreme Tiefen führen, die man zuvor noch nie gesehen hat.
Und besonders gefährlich wird es, wenn einem der eigene Tod keine Angst mehr macht. Wenn man bei dem Gedanken daran, dass man sich doch eigentlich umbringen könnte, kein mulmiges Gefühl mehr bekommt, sondern dieser Option ruhig, beinahe gelassen gegenübersteht.
Beispiel:
Man kommt von der Uni nach Hause, der Tag war weder gut noch schlecht, eigentlich normal und man hat keinen Grund, wegen irgendetwas traurig zu sein.
Als man die Tür seines Zimmers hinter sich schließt, kommt einem plötzlich eine Idee:
Wenn man eben diese Türe nicht nur zudrückte, sondern absperrte, könnte man in Ruhe und bei seiner Lieblingsmusik sterben. Es bemerkte keiner. Erst nach ein bis drei Tagen käme vielleicht jemand vorbei und klopfte an.
Man müsste sich keine Gedanken machen, in einer blöden Situation gefunden zu werden oder gar in die Verlegenheit zu kommen, dass man rechtzeitig gefunden, "gerettet" werde und dann in Erklärungsnot geräte, weil einen doch noch jemand früh genug erreicht hätte.
Man ginge noch ein Mal durch sein Zimmer, sähe sich ein Mal noch die Bilder an, die man gemalt hat, dann legte man sich ruhig hin, drehte die Musik etwas lauter und schliefe ein. Endlich Ruhe.
Kein gehetzes Unbehagen mehr, das einen umtreibt, keine Angst mehr, nicht zu genügen oder gar zu stören. Völlige Ruhe.
Ich denke, dass es sich wie eine Narkose anfühlt. Man bekommt gar nichts mit, nicht mal, dass man in "Narkose" ist.
Aber wie ich mich kenne, wäre es kein schöner Tod. Denn mir kämen Menschen in den Sinn, die wegen eines solchen Ablebens meinerseits ernsthafte Probleme bekämen. Von wegen "Haben sie das nicht bemerkt?" - "Sie muss doch was gesagt haben!" - "Wie, Sie wussten, dass sie depressiv ist? - Warum haben Sie nichts getan?"
Und letztlich machten sich einige Leute diese Gedanken sowieso schon. Egal, ob sie mich leiden konnten oder nicht.
Ich kenne das Gefühl, wenn man aufgezeigt bekommt, wie machtlos man eigentlich ist. Denn gegen einen solchen Wunsch kommt niemand an.
Nicht mal der, der ihn hat.
Einerseits würde es sehr gut zu mir passen, diesen Weg zu wählen. Ein Davonlaufen, eine Flucht vor dem, was ich nicht zu bezwingen fürchte. - Meine eigenen Ansprüche.
Das ist der Strick, den ich mir unablässig drehe, jeden Tag aufs Neue.
Ich gestehe mir keine Fehler zu und finde doch immer wieder neue an mir. - Anders: Ich bin ein Fehler.
Als ich vor nicht all zu langer Zeit einen Ausspruch Claudius' Mutter über ihren "missratenen" Sohn gelesen habe, kam ich mir angesprochen vor. Sie sagte, er sei etwas, das die Natur angefangen, aber nicht zu Ende gebracht habe. Etwas Unfertiges.
Ein Bruchstück.
Ab und zu komme ich mir so vor. Ich bin auch nur ein Bruchstück von dem, was ich eigentlich sein sollte. Ob das nun gut oder schlecht ist, will ich nicht festlegen.
Ich weiß nur, dass ich nicht ganz bin.
Um zu dem ernsten Gespräch zurück zu kommen: Wir haben eine Art Pakt geschlossen, der besagt, dass ich nichts tun werde, was für mich tödlich enden würde.
Ich habe es versprochen.
Mal wieder.
Der Kampf geht also weiter.
Mein Gegner - bin ich.
Ich kämpfe - um mich.
Jetzt geht`s zur Übung in Alter Geschichte: Germanen und Kelten in der antiken Ethnographie.
Heutiger Tagesordnungspunkt: Die "Germania" des Tacitus, Kapitel vier bis acht.
Wenn doch jedes Seminar und jede(r) Dozent(in) so angenehm wäre...
Donnerstag, 13. Dezember 2007
Götz ist (k)ein Wolf!
das soll sie also gewesen sein, die von mir so gefürchtete Diskussion über Götz von Berlichingen.
Ausgangssituation war folgende: Unsere Gruppe bestand aus vier Personen und wir hatten neunzig Minuten Zeit, um über unsere jeweiligen Themen zu reden.
Nun gestaltete es sich allerdings so, dass bereits beim ersten Mitglied der Gruppe die Teilnehmer des Seminars auch nicht im geringsten reagiert haben. Es kamen keine Antworten, das Gespräch kam nicht in Gang.
Allerdings sah es die Dozentin auch nicht als ihre Aufgabe, irgendwann mal einzugreifen und das ganze zu beschleunigen. Die Folge war, dass nach dem ersten Referenten bereits siebzig minuten vergangen waren.
Die zweite Referentin hatte ein ähnliches Problem, denn auch hier hielten es nur sehr wenige Leute für angebracht, sich zu ihren Fragen zu äußern. Weitere zehn Minuten vergingen.
Wer der einfachen Mathematik mächtig ist weiß, dass lediglich zehn Minuten übrig blieben.
Als ich nun an der Reihe war, begann ich anhand einer Textstelle zu erklären, dass sich meiner Meinung nach Götz als Wolf und Weislingen als Schaf sieht. (Die Stelle befindet sich im ersten Akt, Szene "Jaxthausen. Götzens Burg", als ein Reiter Berlichingens sein Kommen ankündigt und von einem Erlebnis erzählt, das Götz als gutes Vorzeichen gedeutet hatte: fünf Wölfe waren über eine Herde Schafe hergefallen und hatten "weidlich angepackt")
Meine Frage an den Kurs war dann, ob man Parallelen ziehen könnte zwischen Götz und einem Wolf. Im Laufe meiner Vorbereitung hatte ich herausgefunden, dass im Wappen des historischen Götz´ ein Wolf zu sehen war. - Aber das nur nebenbei.
Die Parallelen, die ich gefunden hatte, waren folgende:
a) Ein Wolf hat für mich etwas von Freiheit --> Götz hat die Freiheit als Ideal!
b) Der einsame Wolf --> Götz ist als edler Ritter sowas wie der Letzte seiner Art
c) Wölfe werden als Feinde gesehen und gejagt --> Götz wird geächtet und letztlich gejagt!
d) Ein Wolf kann in Gefangenschaft schlecht leben --> Götz fühlt sich in der Gefangenschaft nicht wohl und stirbt letztlich auch in Gefangenschaft!
e) In der gleichen Szene sagt Weislingen zu Götz, dass dieser die Fürsten ansieht "wie der Wolf den Hirten" --> Götz wird hier sogar als Wolf bezeichnet!
Für mich war, um es kurz zu machen, klar, dass Götz sich als Wolf sieht.
Die Dozentin war anderer Meinung. Sie berief sich auf einen Nebensatz, den der Ritter fallen lässt, in dem er erwähnt, dass in jenem Moment, da sie die Geschichte mit den fünf Wölfen erlebt hatten, Weislingen mit vier seiner Männer angeritten kam. Für sie war Weislingen der Wolf.
Außerdem berief sie sich auf die Bibel, in der der Wolf ja etwas "Dämonisches hat".
Das wäre ja alles nicht so schlimm gewesen.
Was mich nur geärgert hat: Ich durfte meine Argumentation nicht vorbringen. Denn etwa eine Minute, nachdem ich an das Pult getreten war, fingen 98% des Kurses an, einzupacken. Das war der Dozentin allerdings ziemlich egal. Sie unterbrach mich mit der Begründung, dass man darüber jetzt noch Stunden diskutieren könne und dass das eine schwierige Stelle sei. Dann fragte sie den Kurs, ob wir in der nächsten Stunde weiter über Götz reden oder doch mit Kleist anfangen sollten. - Ist ja fast klar, wofür sich der Kurs entschied...für Kleist.
Zusammengefasst sah es so aus:
Unsere Vorbereitungen waren für die Katz.
Das Mädel, das nach mir hätte dran kommen sollen, hat völlig umsonst gewartet. Und ich war unnützerweise geschätzte drei Stunden in der Bib gesessen, um irgendwas zu finden, worüber man reden könne, nur um mir dann anhören zu dürfen, dass man da ja lange drüber reden könne und dass wir dann nächste Woche ein neues Thema anfangen.
Problem ist nur, dass ich bei dieser Frau eine Hausarbeit schreiben muss. Meine Angst ist jetzt, dass ich mit meinen Ansätzen in der Arbeit genau so falsch liegen könnte, wie gestern. Ergo: Ich krieg den Schein nicht!
Bin ich zu Recht sauer?
Darf man sich darüber aufregen?
Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß ist, dass ich jetzt höllisch aufpassen muss, dass ich die typischen Gedanken nicht zulasse, die mir sagen "Du bist dumm! - Du verstehst überhaupt nichts! - Du machst alles falsch! - Du bist ein Versager! - Du bist einfach zu blöd für diese Welt! - Du verdienst den Studienplatz nicht! - Du wirst es nie schaffen!".
Die schlimmste Idee ist allerdings die fünfte: Du bist einfach zu blöd für diese Welt!
Warum dann noch bleiben?
PS: Und Götz ist DOCH ein Wolf!
Dienstag, 11. Dezember 2007
Was soll man da sagen?
Mir wurde Götzens Traum (in dem ihm Weislingen die Hand abreißt) und seine "bildliche Sprache" zugeteilt.
Super... was soll man da für Fragen als Diskussionsgrundlage zusammen stellen?
Ich habe mir noch die Wolf-Symbolik ausgesucht, weil es ja das Erlebnis mit den Wölfen, die eine Schafherde "überfallen", gibt.
Aber was soll man da groß diskutieren?
Morgen ist diese bescheuerte Diskussion angesagt und ich habe keinen Plan, was ich machen soll...
Ja, man kann die übliche Lehrerfrage stellen: Was meint der Autor damit, wenn Götz davon träumt, dass ihm die Hand abgerissen wird?
Aber was fragt man sonst noch?
Ich kann doch nicht bei jedem meiner Punkte fragen: Was ist damit gemeint?
Das wird morgen ein riesiges Desaster!
Am Donnerstag darf ich dann bei der lustigen Dozentin antanzen und ihr nen Vorschlag für ein Hausarbeitsthema machen.
Wie es aussieht, werde ich den "Prinz von Homburg" (Kleist) nehmen und mich mit dem Traum, den er am Anfang des Stückes hat, beschäftigen. Dann könnte man auch noch über die Frage des Rechts und wie es umgesetzt wird schreiben. - Aber dann hört es auch schon wieder auf...
Ich glaube, ich habe das Denken verlernt.
Speziell wenn es um das Theater geht.
Einfach alles ist weg.
Jede Freude daran und jede Leidenschaft dafür.
Da ist nur noch Leere. - Fast schon Abneigung.
Es ist, um mal deftig zu reden, zum Kotzen!
Wenn mir nicht im Laufe des Nachmittages eine glanzvolle Idee kommt oder ich einen genialen Geistesblitz habe, werde ich mich morgen vor etwa sechzig Leuten zum Affen machen und wie ein Idiot dastehen.
Was freue ich mich darauf.
Montag, 10. Dezember 2007
Pumpen für Erlangen
Da drängt sich doch die Frage auf: Was fängt man mit so viel Geld an?
In den letzten Tagen konnte man auf diversen Radiosendern Umfragen verfolgen, zu denen Hörer dem Rest der Welt mitteilen konnten, was sie denn mit dem Gewinn anfingen.
Die meisten nannten eine Spende an eine wohltätige Organisation.
Ich persönlich bin bei solchen Antworten ja eher skeptisch.
Denn meiner Meinung nach sagen diese Menschen das nur, weil sie a) wissen, dass die Chance, dass sie ihr Versprechen in die Tat umsetzen müssen so gering ist, dass sie ruhigen Gewissens eine solche Äußerung machen können und b) mal ehrlich, wer möchte nicht bei seinen Nachbarn, Bekannten oder Arbeitskollegen als fürsorglicher und spendabler Mensch gelten? - Da muss man doch die Möglichkeit nutzen, das den Zuhörern mitzuteilen!
Ich habe mir auch so meine Gedanken gemacht, was ich mit einer solchen Menge an Schotter täte. Und ich war ehrlich zu mir (und meiner WG). Von diesen 43 Millionen würde ich erst mal keinen Cent spenden.
Auf meiner to-do-Liste stünde eine Generalsannierung meines Elternhauses, ein Saxophon, ein Motorrad, ein Laptop, eine kleine Eigentumswohnung und ein Hund!
Jeder meiner Brüder, meine Schwester, mein Vater und meine Mutter bekämen jeweils eine Million ab.
Den Rest des Geldes legte ich sicher bei meiner Bank an.
Falls ich dann doch mal auf die Idee kommen sollte, ein bisschen was zu spenden, dann mit Sicherheit einer Einrichtung, die sich mit Forschung zu oder Behandlung von psychischen Erkrankungen beschäftigt.
Was ich aber auf jeden Fall stiften werde, ist mir gestern abend bei meiner Odyssee durch Erlangen klar geworden: öffentliche Luftpumpen für Radfahrer!
Als wir nämlich den Schlauch meines Vorderreifens gewechselt hatten fiel uns auf, dass keine passende Luftpumpe vorhanden war.
Also machten wir uns nach einem Abstecher auf dem Weihnachtsmarkt und einem heißen Kinderpunsch auf den Weg zur nächsten Tankstelle.
Dort hing an der Pumpstation ein Schild: Außer Betrieb.
Alles klar.
Ab zur nächsten Tankstelle.
Dort angekommen trauten wir unseren Augen nicht.
Außer Betrieb.
Na herrlich. Zum Glück gibt es ja Siemens in Erlangen. Die haben nämlich an einem ihrer Gebäude eine kleine Luftpumpe angekettet, die man auch als nicht Siemensianer benutzen kann. - Wenn man weiß, wo sie ist!
Nachdem wir sie gefunden hatten, versuchten wir vergeblich Luft in den Reifen zu bekommen. Diese Luftpumpe hättet ebenfalls ein Schild mit der Aufschrift "Außer Betrieb" verdient.
Leicht genervt steuerten wir wieder auf die zweite Tankstelle zu, die Augen immer offen haltend, ob nicht an einem der rumstehenden Räder eine Pumpe sein könnte. Aber die eine war abgesperrt und die andere passte nicht auf das Ventil.
Als wir schließlich an der Tankstelle ankamen und schon kaum mehr Hoffnung bestand, dass mein Rad wieder in Gang käme, sahen wir direkt vor uns, dort wo niemand es erwartet hätte, grau und leicht schelmisch grinsend, einen Pumpkübel.
Super! Nach einer knappen Stunde finden wir endlich das, wonach wir gesucht haben.
Und das in einer Fahrradstadt!
Ganz toll...
Und wer ist schuld?
Der Reißnagel, dieser kleine Dreckskerl! Nur weil der grade Bock hatte ein wenig Riesenrad zu fahren und sich in meinen Vorderreifen gebohrt hat, kam es zu dieser Suchaktion!
Aber das ist ja oft bei kleinen Wesen/Dingen so, dass sie ihren Mangel an Größe durch irgendeine Art von Boßheit kompensieren!
(ich weiß, es gibt auch Ausnahmen...)
Dank des Seminars, dass ich heute noch von 18.15 - 19.45 Uhr habe schaffe ich es auch nicht mehr zur Stadtbibliothek, um dort meine gehörte Wallander-CD zurück zu geben und mir einen neuen Krimi auszuleihen.
Dafür hole ich mir morgen einen.
Neulich hörte ich mir "Das Glasperlenspiel" von Hermann Hesse als Hörspiel an. Es hat mir ziemlich gut gefallen muss ich sagen.
Nun ja, jetzt heißt es sich noch mal konzentrieren und kurz die Aufzeichnungen zur Übung durchzulesen. Die "Germania" des Tacitus stehen auf dem Plan.
Die Germanen hatten übrigens eine lustige Art und Weise mit des Ehebruchs bezichtigten Frauen umzugehen.
Der Ehemann schor ihr den Kopf, entkleidete sie vor der gesamten Verwandtschaft und scheuchte sie dann, sie mit einer Peitsche schlagen, durch das Dorf.
Nicht schlecht...
Donnerstag, 6. Dezember 2007
Auseinander gelebt
Allerdings muss ich zugeben, dass es manchmal einfach keine bessere Erklärung für den Zustand einer Beziehung gibt, wie auch immer diese geartet sein mag.
-Da ich gelernt habe, dass man immer mit aktuellen Beispielen glänzen kann, baue ich eines ein.-
Zu Beginn meines Studiums (also vor einem halben Jahr...) habe ich eine Mitstudentin kennen gelernt, mit der ich mich auch ganz gut verstanden habe.
In letzter Zeit habe ich allerdings gemerkt, dass mir ihre Art im Moment einfach nicht gut tut.
Das klingt extrem komisch, wenn ich das sage, denn ich habe ja bisher zu den Menschen gezählt, die der Meinung waren, dass selbst ein Mensch mit dem miesesten Charakter noch viel zu gut für sie ist.
Aber im Augenblick kann ich es nicht brauchen, wenn sich jemand nicht für das begeistern kann, was der Typ da vorne erzählt. Ich brauche jemanden, der mich mitzieht - weil ich es alleine nicht auf die Reihe bekomme. Ich kann mich selbst einfach sehr schlecht bis gar nicht motivieren und da hilft es mir auch nichts, wenn dann jemand neben mir hockt, der mir erzählt, dass er nächste Woche nicht kommt, weil er auf ein Konzert geht. - Das sind Momente, in denen ich mich dann frage: Wozu?
Wozu den ganzen Mist lernen? Warum nicht von Beruf arbeitslos sein? Dann kann man tun und lassen, was man will, bekommt bei vielen Veranstaltungen günstiger Karten (falls man sich die dann überhaupt leisten kann), aber man hat nicht diesen gottverdammten ständigen Leistungsdruck, der einem im Nacken sitzt und immer wieder wie ein Drillsergant auf einen einbrüllt "Du musst noch mehr schaffen! - Du bist nicht genug! - Streng Dich mehr an! - Du bist ein Versager!".
Das ist es nämlich, was mich so fertig macht. Druck.
Klar, ein Großteil von dem, was ich darunter verstehe ist hausgemacht. Ich könnte es viel einfacher haben, wenn ich meine Ansprüche an mich selbst runterschrauben würde. Aber das klappt für zehn Minuten und dann habe ich schon wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich daran denke, mal wieder ein Buch zu lesen, das nichts mit der Uni zu tun hat, oder weil ich mal wieder was malen möchte.
Aber dieses ständige genügen wollen hat mich mittlerweile so sehr durchdrungen, dass ich nichts mehr machen kann, ohne gleich tausend Gründe zu finden, warum das jetzt wieder Mist ist, warum es jeder andere Mensch um Längen besser machen könnte.
Bei einem Einstellungsgespräch wäre meine persönliche Killerfrage "Warum gerade Sie?". - "Das frage ich mich auch..." wäre meine Antwort und die sichere Fahrkarte nach draußen.
Ich sollte wohl einfach mal einen Kurs besuchen: "Leben für Anfänger". Wobei ich selbst da wahrscheinlich nach kürzester Zeit rausfliegen würde, weil ich jedes noch so gute Argument, warum das Leben schön und auch gar nicht so schwer ist, widerlegen könnte. Ich wüsste - weiß immer ein Aber.
Um auf den Titel dieses Eintrags zurück zu kommen: vielleicht habe ich mich von mir selbst schon zu weit entfernt. Es gibt mich und mich. Mich und die andere. Aber wer ist die andere? Und wer bin ich? Fragte mich jemand, wer ich bin, könnte ich Name, Adresse, Geburtstag und den ganzen Kram angeben. Aber nicht wer ich bin.
Es liest sich furchtbar esoterisch, aber ich glaube, wenn ich wirklich weitermachen will, muss ich mich auf die Suche nach mir selbst machen. Ich muss mich wieder finden. Sonst habe ich keine Chance.
Mittwoch, 28. November 2007
Zum Achtzigsten
Ich habe keine Ahnung, ob es gut ist, wenn ich im jetzigen Zustand was schreibe. Die Gefahr ist groß, dass es sich zu extrem anhört...
Es ist mal wieder so weit.
Das große D ist wieder da und hat mich ziemlich fest im Griff. Und wie so oft, habe ich nicht mal großes Interesse daran, mich dagegen zu wehren. Ich lasse es über mich ergehen und warte ab, wie tief es diesmal wohl werden wird.
Alles rauscht an mir vorbei, als säße ich in einem Zug mit unbekanntem Ziel. Richtig. Keine Ahnung, wohin es mich führt, was mich da an die Hand genommen hat und mit mir losmarschiert ist. Aber es hält mich fest und zieht mich immer weiter. Es muss nicht mal große Kraft aufbringen. Ich lasse es einfach geschehen. Ich habe keine Angst. Nicht mehr. Am Anfang hatte ich die noch, aber jetzt ist sie weg. Die Gleichgültigkeit hat ihren Platz eingenommen und es sich gemütlich gemacht.
Schon komisch, wenn man in einem Seminar sitzt und einen Abschiedsbrief schreibt, während der Rest um einen herum über Emilia Galotti und die Angemessenheit ihres Selbstmordes diskutiert.
Vor allem, wenn man weiß, dass man den Brief nicht brauchen wird. Man schreibt und ist sich darüber im Klaren, dass man sich eigentlich nur selbst an der Nase herum führt. Man schreibt Erklärungen für eine Sache auf, die man sowieso nicht tun wird. Aber irgendwie tut das Schreiben gut. Und die Vorstellung, dass die Adressaten die Erläuterungen eventuell sogar ein bisschen verstehen könnten.
Man geht durch die Stadt und hofft innerlich, dass sich plötzlich alle von einem abwenden. Familie, Freunde, Bekannte. Alle. Damit man nicht mehr in der Pflicht steht, zu bleiben. Eine ziemlich verzwickte Angelegenheit. Einerseits ist man der festen Überzeugung, dass es niemandem etwas ausmachen würde, wäre man nicht mehr am Leben, weil man einfach niemandem etwas bedeuten kann, weil man so ein abstoßender, widerwärtiger, nerviger und zu dem auch noch unterbelichteter Mensch ist.
Und andererseits bleibt man nur, weil man das Gefühl hat, dass es zumindest der Familie sehr wehtun würde, wenn man das, worüber man neunzig Prozent seiner Zeit nachdenkt, täte.
Dann taucht wieder der Gedanke auf, dass man den Leuten, die einen – aus welchen Gründen auch immer – zu mögen scheinen, ja gar nichts zurückgeben kann, weil man völlig unfähig ist, das bisschen, was man an Gefühlen vielleicht noch wahrnimmt, zu reflektieren und zu erwidern. Man ist wieder der Ansicht, dass man wie ein schwarzes Loch alle um sich herum verschlingt. Ergo: Lieber keine Kontakte knüpfen, weil es für das Gegenüber nur wieder im Chaos endete.
Stellte einem einer die Frage: Willst Du morgen wieder aufwachen? – Man würde (zumindest ein wenig) lügen, beantwortete man die Frage mit Ja.
Der Wunsch, dass es endlich aufhört, dass man ein Mal wieder glücklich ist, der ist so groß, dass er mir schon zu groß für mich vorkommt. Einen solchen Wunsch darf jemand wie ich nicht haben.
Im besagten Seminar wurde mir klar: ich hab es überhaupt nicht verdient, an der Uni zu sein. Weil mir (speziell in diesem Kurs) alles sonst wo vorbei geht. Es ist mir so unglaublich egal, worüber geredet wird.
Der gesamte Antrieb, den ich wohl mal hatte, ist weg. Alles ist nur noch mühsam, anstrengend und scheint immer mit unwahrscheinlichem Aufwand verbunden zu sein. Alles ist zu viel.
Wenn man die Zeit anhalten könnte, um sich zu regenerieren. Aber das geht nicht. Die Welt um einen herum dreht sich weiter und wird wegen mir nicht stehen bleiben. Wer bin ich denn…
Und so setze ich jedes Mal erneut meine Maske auf und spiele mein Soloprogramm.
Nein, ich habe nicht aufgehört, Theater zu spielen, als ich die Schule verlassen habe. Ich spiele mein Leben lang. Die perfekte Rolle. Meine Rolle des Lebens.
Also habe ich es doch geschafft: Ich bin Schauspielerin.
Dienstag, 27. November 2007
stabat mater
http://www.youtube.com/watch?v=3UK5O4Rxg9A
Obwohl ich ja eigentlich nichts mit "religiöser" Musik anfangen kann, hat mich dieses Stück doch sehr berührt.
Der gesungene Text ist natürlich lateinisch, aber gütig wie ich bin, habe ich die Übersetzung rausgesucht, die nun folgt:
Christi Mutter stand mit Schmerzen bei dem Kreuz und weint von Herzen, als ihr lieber Sohn da hing. Durch die Seele voller Trauer, seufzend unter Todesschauer, jetzt das Schwert des Leidens ging
Welch ein Weh (Schmerz) der Auserkor'nen, da sie sah den Eingebor'nen, wie er mit dem Tode rang.
Angst und Trauer, Qual und Bangen, alles Leid hielt sie umfangen, dass nur je ein Herz durchdrang.
Ist ein Mensch auf aller Erden der nicht muss erweichet (erschüttert) werden wenn er Mutter Christi denkt?
Wer könnt' ohne Tränen sehen, Christi Mutter also stehen in so tiefen Jammers Not?
Wie sie ganz von Weh zerschlagen, bleich da steht, ohn' alles Klagen, nur ins Leid des Sohns versenkt?
Wer nicht mit der Mutter weinen, seinen Schmerz mit ihrem einen, leidend bei des Sohnes Tod?
Ach, für seiner Brüder Schulden sah sie Jesus Marter dulden, Geisseln, Dornen, Spott und Hohn. Sie sah trostlos und verlassen ihn am blut'gen Kreuz erblassen, ihren lieben, einz'gen Sohn.
Sah ihn trostlos und verlassen an dem blut'gen Kreuz erblassen, ihren lieben, einz'gen Sohn. O du Mutter, Brunn der Liebe, mich erfüll mit gleichem Triebe, dass ich fühl die Schmerzen dein.
Gib, o Mutter, Born der Liebe, dass ich mich mit dir betrübe, dass ich fühl die Schmerzen dein.
Dass mein Herz, im Leid entzündet, sich mit deiner Lieb verbindet, um zu lieben Gott allein.
Dass mein Herz von Lieb' entbrenne, dass ich nur noch Jesu kenne, dass ich liebe Gott allein. Drücke deines Sohnes Wunden, so wie du sie selbst empfunden, heil'ge Mutter in mein Herz
Heil'ge Mutter, drück die Wunden die dein Sohn am Kreuz empfunden, tief in meine Seele ein. Dass ich weiss, was ich verschuldet, was dein Sohn für mich erduldet, gib mit Teil an seinem Schmerz
Ach, das Blut das Er vergossen, ist für mich dahingeflossen; lass mich teilen Seine Pein.
Lass mich wahrhaft mit dir weinen, mich mit Christi Leid vereinen, solang mir das Leben währt.
Lass mit dir mich herzlich weinen, ganz mit Jesu Leid vereinen, solang hier mein Leben währt. An dem Kreuz mit dir zu stehen, unverwandt hinaufzusehen, ist's wonach mein Herz begehrt.
Unterm Kreuz mit dir zu stehen, dort zu teilen deine Wehen, ist es was mein Herz begehrt.
O du Jungfrau der Jungfrauen, woll auf mich in Liebe schauen, dass ich teile deinen Schmerz.
O du Jungfrau der Jungfrauen, woll'st in Gnaden mich anschauen, lass mich teilen deinen Schmerz. Dass ich Christi Tod und Leiden, Marter, Angst und bittres Scheiden fühle wie dein Mutterherz.
Lass mich Christi Tod und Leiden, Marter, Angst und bittres Scheiden fühlen wie dein Mutterherz. Alle Wunden, ihm geschlagen, Schmach und Kreuz mit ihm zu tragen, das sei fortan mein Gewinn
Lass mich tragen Seine Peinen, mich mit Ihm an Kreuz vereinen, trunken sein von Seinen Blut
Mach, am Kreuze hingesunken, mich von Christi Blute trunken und von seinen Wunden wund. Dass mein Herz, von Lieb entzündet, Gnade im Gerichte findet, sei du meine Schützerin
Dass nicht zu der ew'gen Flamme der Gerichtstag mich verdamme, steh, o Jungfrau für mich gut
Da nicht zu der ew'gen Flamme der Gerichtstag mich verdamme, sprech für mich dein reiner Mund.
Mach, dass mich sein Kreuz bewache, dass sein Tod mich selig mache, mich erwärm sein Gnadenlicht
Christus, um der Mutter leiden, gib mir einst des Sieges Freuden, nach des Erdenlebes Streit Lass die Seele sich erheben frei zu Gott im ewgen Leben, wann mein sterbend Auge bricht. Amen
Jesus, wann mein Leib wird sterben, lass dann meine Seele erben deines Himmels Seligkeit. Amen.
Montag, 26. November 2007
Von klingenden Rohren, Schneegestöber und der Macht des Zufalls
Vier schwarze Notenständer stehen in einem leichten Halbkreis.
Neben einem steht ein einmal nur leicht und ein Mal stark gebogenes, golden lackiertes Rohr, dessen eines Ende mit einer schwarzen Plastikkappe abgedeckt ist und dessen anderes Ende die Form eines Trichters hat. An seinem Hals entlang sind Klappen und Ventile angebracht.
Ganz klar, es handelt sich um ein Saxophon.
Unschuldig und stumm steht es da auf der Bühne und präsentiert sich wie selbstverständlich, aber doch ein wenig schüchtern der wartenden Menge.
Als es dann endlich sanft in die Hände des Musikers genommen wird, zeigt es schließlich, dass es kein bisschen unschuldig oder gar schüchtern ist.
Es bricht hervor, dann schleicht es sich wieder zurück, bleibt in Lauerstellung und schließlich taucht es den gesamten Raum in eine Stimmung, die alle dazu bringt, dass sie mit den Füßen wippen, mit den Fingern auf dem Tisch trommeln oder den Kopf hin und her bewegen.
Vor uns steht ein Saxophon-Quartett mit dem vielsagenden Namen "Saxomania".
Ein wunderbarer Abend beginnt.
Und als er zu Ende ist, bin ich mal wieder davon überzeugt worden, dass ich schleunigst dafür sorgen muss, ein Saxophon mein Eigen nennen zu können.
Es scheint mir neben dem Klavier das einzige Instrument zu sein, das meinem Innersten Ausdruck verleihen könnte.
Ein großes Nahziel lautet also:
Saxophon-Unterricht mit dem eigenen Instrument!
Auch heute Morgen hatte ich diesen Wunsch und habe ihn noch.
Selbst als ich mich mit dem Fahrrad durch ein wildes Schneetreiben kämpfte und Richtung "Berch" fuhr, ging mir der Gedanke an den warmen Klang und das schrillende Lachen eines Sax´s nicht mehr aus dem Sinn.
Schnee. Es scheint nun tatsächlich auf die Möglichkeit hinaus zu laufen, dass es an Weihnachten auf den Straßen und Wegen sehr leise sein wird, weil der Schnee jeden Laut verschluckt.
Ein schöne Vorstellung...weiße Weihnacht...
Ich war also mit dem Rad unterwegs.
Vielleicht hätte ich das lassen sollen.
Denn wie es der Zufall so will, kann ich mein Rad in der nächsten Zeit erst mal stehen lassen.
Nichts ahnend radle ich also vom "Berch" zurück und merke auf einmal, wie jede kleine Unebenheit der Straße an meinen Lenker weitergegeben wird. Das ist nicht normal, denn eigentlich werden die Stöße ja von den Reifen ein wenig reduziert, schließlich ist ja Luft im Schlauch - gewesen.
Tatsächlich. Gewesen ist das richtige Wort. Denn als ich absteige, um zu prüfen, was für diesen nicht gerade angenehmen Umstand verantwortlich ist, bemerke ich, dass ein kleiner Reißnagel im Vorderrad steckt.
Ganz toll.
Wieviele Reißnägel liegen wohl auf der Strecke, die ich gefahren bin?
Höchstens zwei. Wenn nicht gar bloß einer.
Und wer erwischt den?
War ja klar...
Den Rest des Weges durfte ich also mein Rad neben mir schieben. Und den Rest der Woche werde ich zu Fuß bewältigen müssen.
Nun ja. Vielleicht gar nicht mal so schlecht, denn wenn ich bedenke was mir letztes Jahr um diese Zeit mit dem Rad bei Schneefall passiert ist...
Also gut.
Diese Woche noch, dann ist erst mal Heimaturlaub angesagt. Ein 15. Geburtstag steht an und damit auch Kaffee und Kuchen im Kreis der Familie.
Auch mal wieder schön...
Mittwoch, 21. November 2007
Vom zerbrochenen Schlüssel und dem Zwang zu denken
Einen Versuch gibt man sich noch, sollte der nicht zum Erfolg führen, wird man eben zur Uni laufen.
Ein letzter Anlauf wird gestartet. – Kurz knackt es und schon wurde einem die Entscheidung abgenommen, wie man zur Vorlesung kommt.
Der Schlüssel ist abgebrochen.
Dieses Erlebnis führte dazu, dass ich heute Morgen einen halbstündigen Spaziergang durch Erlangen gemacht habe, ständig in der Angst, zu spät zu kommen.
Gut, dass ich den mp3-Player dabei hatte, so läuft es sich gleich leichter.
Ich kam übrigens pünktlich in den Vorlesungsraum und war nicht mal die Letzte.
Dann saß ich neunzig Minuten da und – dachte.
Ich dachte darüber nach, warum ich ständig über alles und jeden nachdenke. Es ist schon ein regelrechter Zwang, der mich immer wieder dazu bringt, dass ich ein Gedankenkarussell anschiebe, das sich damit beschäftigt, warum man eigentlich sein Leben so gestaltet, wie man es gestaltet.
Weshalb erfindet die Menschheit immer wieder Beschäftigungen, die einen durch die Zeit, die man lebt, begleiten? Wo ist der Sinn des ganzen? Warum kann man seine Zeit nicht mit etwas verbringen, das einem selbst etwas gibt? Weshalb tun wir so oft Dinge, die wir gar nicht tun wollen, nur weil es von uns erwartet wird?
Wer erwartet das denn?
Die oft genannte „Gesellschaft“? Wer ist das? Wenn ich über die Menschen heute nachdenke, dann sind 95% davon Leute, denen ich gar nichts recht machen will, deren Erwartungen ich gar nicht erfüllen möchte.
Sicher, gewisse Regeln muss es geben, an die man sich hält, damit das Zusammenleben einigermaßen gut läuft. – Aber schauen wir uns doch mal um! Wer hält sich denn noch an wirklich wichtige Grundregeln? Das tut doch niemand mehr!
Wir haben uns Schritt für Schritt einsamer gemacht. – Was eigentlich gegen die menschliche Natur geht, denn rational betrachtet, ist der Mensch ein Rudeltier. Mit komplizierten Sozialstrukturen, die sich über viele tausend Jahre Evolution entwickelt haben.
Aber ich habe den Eindruck, dass viele der heute lebenden Menschen gar nicht mehr im Verband leben können.
Langsam merke ich es an mir selbst, der Mensch muss sich immer stärker anstrengen, um seine Kontakte zu pflegen und sich ein Netz zu schaffen, das ihn wirklich auffängt, wenn er mal fallen sollte.
Der Mensch – ich sage lieber ich, sonst heißt es, ich verallgemeinere – also: ich bin ein Einzelgänger geworden.
Ich habe verlernt sozial zu sein.
Ein wenig komme ich mir vor wie Rilkes Panther, nur dass ich in mir selbst gefangen bin. Für alle anderen ein trauriger, erschütternder Anblick, ein Schatten von dem, was ich vor vier oder fünf Jahren war. Menschlich verkümmert.
Manch einer wird wahnsinnig, schreit seine Traurigkeit, seine Trübsal heraus. Ich hingegen werde still, schreie in mich hinein und suche alle vor mir zu bewaren.
Kein Ventil, das ich einmal hatte, ist mehr genug. Der Druck ist zu groß und kulminiert immer wieder in dem einen Wunsch, dem unsagbaren Wunsch.
Denn niemand will, dass man darüber redet. Man dürfe an diesen Ausweg nicht einmal denken, wird oft gesagt. Was aber, wenn man nur noch diesen Gedanken hat? Wenn am Ende jeder Überlegung diese eine Lösung steht?
Mittwoch, 14. November 2007
Gedanken zum Winteranfang
Und damit eine Frage, die mich seit dem beschäftigt:
Wie hört es sich eigentlich an, wenn eine Schneeflocke landet?
Ist es mehr ein Knacken oder ein Tippen? Knirscht es ein wenig oder knallt es sogar?
Was könnte sie von ihrer Reise erzählen? Hat sie etwa gesehen wo das Christkind wohnt?
Ja ja, Weihnachten, das Fest der Liebe und der unausgesprochenen Verwünschungen rückt immer näher. - Gut, wenn man sich am Handel orientierte, stünde bereits jetzt der bunt geschmückte Plastikbaum mit farbig leuchtender Lichterkette im überdekorierten Wohnzimmer, und spätestens seit Ende Oktober hätten wir unseren Heißhunger auf Lebkuchen schon längst gestillt.
Meine Idee von neulich hat übrigens schon Abnehmer gefunden: Es gibt einen Milka-Weihnachtshasen (!).
Und die schönen Fondant-Spiegeleier gibt es passend zum Fest in Sternform.
Aber all das bestärkt mich, tapfer weiter auf den ersten Advent zu warten und just an diesem Tag genüsslich in meinen ersten Lebkuchen zu beißen.
Und von Plastikbäumen kann schon mal gar nicht die Rede sein. Bei uns wird es traditionell einen echten Baum aus einem echten Wald geben, der dann auch echt nadelt...Natürlich ohne Lichterkette, sondern mit original Bienenwachskerzen. Das war noch nie anders und das wird auch so bleiben! Es wäre doch kein Heiligabend, wenn das Wohnzimmer nicht nacht Tanne duftete und vom flackernden Licht der Kerzen in eine sanfte, schummrige Stimmung getaucht wäre.
Sollte es widererwarten doch anders kommen, trete ich in den Streik!
Und weil wir grad bei Liebe waren, hier noch ein (zugegeben) kitschiges Gedicht aus der privaten Manufaktur:
Zeig Dich mir, Liebe!
Enthülle Dein Gesicht!
Nenn mir Deinen Namen und
sage mir den Ort, da ich dich finde!
Lehre mich Deine Regeln,
erkläre mir
Dein Spiel
und
mache es zu meinem!
Kein Meister will ich sein,
nicht mit Dir messen
will ich mich.
Nicht gleiche Waffen schenke mir,
nein, Einblick nur
in Deine Kunst.
Deinen Zauber verrate mir,
lass mich ein Mal nur
von deiner herben Süße
kosten!
So viel für heute. Jetz gibt´s erst mal Mittagessen und danach: Emilia Galotti - schon wieder...
Freitag, 9. November 2007
Bin ich versaut oder nur mein Humor - oder wir beide?
Der Französisch-Kurs beginnt mit den üblichen kleinen Sätzen, die wir alle ganz stolz und wahrscheinlich mehr oder weniger stümperhaft aussprechen:
Je m'appelle... Je suis allemande. Je etudé l'histoire...Comment allez vu? - Bien, merci.
Aber die heutige Stunde soll noch eine kleine Überraschung für mich bringen.
Eigentlich läuft alles ganz normal, bis eine geschätze viertel Stunde vor Schluss die Erklärung kommt, dass Substantive, die auf -el(l) enden, wenn sie im Singular stehen, im Plural auf -eaux enden.
Es folgten ein paar Beispiele und die Frage, ob wir auch derartige Wortpaare aus dem Französischen kennen.
Und was fällt mir ein?
Bordell - Bordeaux
Ich muss zugeben, dass ich mich ganz schön zusammen reißen musste, um mich nicht zu melden und diesen (wie ich finde) megamäßigen Kracher dem Rest des Kurses mitzuteilen.
Innerlich habe ich mich so dermaßen beömmelt, dass es schon nicht mehr feierlich war.
Zudem muss man wissen, dass unsere Dozentin am Beginn der Stunde mit stolzgeschwällter Brust verkündete, dass sie aus Bordeaux kommt, eine "echte bordelaise" (O-Ton!) ist.
Es war also ein traumhafter Start in den Tag!
Allerdings mache ich mir nun Gedanken, ob in meinem Hirn ein paar Synapsen falsch geschaltet sind. Schließlich fällt es mir alles andere als schwer, zweideutige Verknüpfungen mit scheinbar alltäglichen Begriffen zu finden.
Was würde Freud dazu sagen?
Dienstag, 6. November 2007
Linguistik-Filmchen
Heute ist anscheinend ein außergewöhnlicher Tag.
Dienstag, 7.39 Uhr. Ich blinzle auf meinen Wecker und bin der Meinung, dass es nun doch langsam Zeit ist, aufzustehen, schließlich beginnt um 8.15 Uhr der Grundkurs.
Ich schaffe es tatsächlich rechtzeitig und habe vorher sogar noch die Möglichkeit, etwas zu frühstücken. Sehr ungewöhnlich.
Was auch neu ist: Ich fühle mich einigermaßen wach und muss nicht darum kämpfen, wach zu bleiben.
Dazu kommt, dass es ziemlich interessant ist, was die gute Frau da erzählt. Und vor allem lustig!
Beispiel:
Sie sagt sinngemäß, dass die Spur eines Tieres im Schnee ja nicht das komplette Tier abbildet - und schon bin ich kurz davor, vor Lachen zu platzen, weil ich vor meinem inneren Auge plötzlich Rehe, Füchse und Braunbären sehe, die nicht auf ihren Pfoten bzw. Hufen unterwegs sind, sondern die immer wieder von einer Seite auf die andere klappen und sich so fortbewegen. Ein herrliches Bild! Und das morgens um neun.
Dann geh ich in den Computerraum und lese im Studivz ein paar nette Mails von Leuten, die sich bei mir bedanken, weil ich ihnen gestern noch schnell ne Nachricht geschickt habe, dass die Übung ausfällt. - Schön.
Jetzt muss ich nur noch das Proseminar Claudius & Nero überstehen, denn mein Hirn scheint heute Nacht eine kleine Party gefeiert zu haben. Leider ohne mich. Dem entsprechend fühlt sich mein Kopf an. Aber das wird schon wieder werden.
Schließlich gibt es zum Abschluss des Tages wieder unser WG-Essen, bei dem wir gemeinsam im Wohnzimmer hocken, über CSI Miami ablästern und danach andächtig Dr. House lauschen. Eigentlich kann ich wirklich nicht meckern.
Guuut, ich habe noch immer kein Thema für die PS-Arbeit in NDL und meine PS-Arbeit in Alter Geschichte will auch nicht so recht voran gehen, aber das klappt auch irgendwann und dann sieht die Welt wieder besser aus.
Jetzt werd ich noch mal kurz bei youtube.com vorbei schauen und mich dann auf den Weg in die Kochstraße machen.
Mittagessen fällt aus.
Erkenntnis des (bisherigen) Tages: Unsere Welt ist voller Zeichen!
Montag, 5. November 2007
Wie ich die Wirtschaft ankurbele
Bei einer Sache allerdings, kann ich nicht sagen, dass ich mich freue, dass es wieder so weit ist.
Schnupfen.
An meinen letzten kann ich mich gar nicht erinnern, ist also schon etwas länger her. Aber jetzt hat er mich wieder erwischt und ich bin kein bisschen amused. Denn wer freut sich schon, wenn er nachts immer wieder aufwacht, weil die Gefahr zu ersticken einen aus dem Schlaf reißt. Oder wenn man das Gefühl hat, dass der Kopf in einem Schraubstock klemmt und irgendwer ständig daran dreht. Nein, das ist wirklich nichts Angenehmes.
Andererseits kann ich mir jetzt ein Schild umhängen mit der Aufschrift: Konjunkturspritze. Denn in den letzten zweieinhalb Tagen habe ich so viele Taschentücher verbraucht, wie im ganzen letzten halben Jahr nicht. Wenn also die „Faceletto“-Industrie einen unerwarteten boom erlebt, dann liegt das an mir und meiner Marathon laufenden Nase.
Wirtschaftlich gesehen sind wir ein echtes Dreamteam.
Ein Nachteil ist allerdings nicht zu verleugnen: mein Geschmackssinn hat sich verabschiedet. Mir würden im Moment wahrscheinlich auch Dinge schmecken, um die ich sonst einen großen Bogen mache. Für einen Genießer wie mich ist das natürlich eine nicht gerade eine schöne Situation.
Aber was will man machen.
Mit Medikamenten geh ich jedenfalls nicht dagegen vor. Mir hat der Versuch mit dem Kindernasenspray schon gereicht. Ich dachte wirklich, dass es mir die Nase wegätzt. Glücklicherweise war dem nicht so.
Es gibt immer wieder Momente, die mich kurz innehalten lassen.
Als ich vorhin in der Mittelaltervorlesung saß und kurz vorm Verzweifeln war, ob der Sprechgeschwindigkeit des Dozenten, fing mein Handy an zu vibrieren.
Ein Anruf einer Person mit mir und meinem Handy unbekannter Nummer. Ich drückte auf „besetzt“ und wartete bis zur Pause. Da las ich dann, dass meine Mailbox eine Nachricht für mich bereithält. Ich rufe also an und warte voller Spannung.
Es ist mein Dozent der Kelten-Übung. Er hat nur angerufen, um mir zu sagen, dass die Übung heute Abend nicht stattfindet. Er hofft, dass es, weil so kurzfristig, noch nicht zu spät ist und ich die Mitteilung rechtzeitig bekomme.
Wow.
Ich war einen Moment lang ziemlich baff. Danach fand ich es einfach nur noch unglaublich nett von ihm, dass er seinen Leuten so gut es geht Bescheid gibt, wenn eine Sitzung mal ausfällt.
Es gibt also doch noch nette Menschen.
Nicht, dass ich noch keine kennen gelernt hätte, aber die lassen sich an zwei Händen abzählen, sind damit eher rar.
Was mache ich nun mit dem angebrochenen Abend?
Gut, ich habe einer Mitbewohnerin versprochen, mit ihr die Horror-Serie zu kucken. Das steht fest.
Und vorher?
Vielleicht werde ich das Theaterstück lesen, dass als Hausaufgabe für diese Woche auf dem Plan steht. Catharina von Georgien. Gryphius. Mal sehen, ob es da auch so tolle „Zeichen“ gibt, die man stundenlang zerreden kann, wie zuletzt bei Aristophanes und dem Mantel und der brennenden Denkerbude des Sokrates…
Ich bin gespannt. (Das war eine ironisch gemeinte Äußerung! Meine Spannung ist vergleichbar mit der Vorfreude auf eine Wurzelbehandlung oder eine Mathematikabfrage an der Tafel…)
Wahrscheinlich werde ich doch wieder der Musik frönen. Schließlich muss ich die Gelegenheit nutzen, dass meine Stimme wegen des Schnupfens angenehmer als sonst klingt. Warum kann das nicht so bleiben und der Schnupfen verschwinden? – Nun ja, man kann nicht alles haben…
Eventuell lese ich noch in der Nero-Biografie weiter, die wirklich amüsante Details über den Kaiser eröffnet. Zum Beispiel ist ja vielen bekannt, dass er den schönen Künsten und damit auch der Schauspielerei zugeneigt war. Den ersten Kracher brachte er, als er bei seinem ersten Auftritt was spielte? – Genau, eine Frau. Bei weiteren Auftritten folgten eine in den Wehen liegende Schwangere, der rasende Herkules, den er so überzeugend gespielt haben soll, dass ein Mann seiner Leibgarde ihm zu Hilfe eilen wollte, als man den Herkules in Ketten legte, weil er dachte, es sei ein Angriff auf den Kaiser, und den Vogel schoss er ab, als er Orestes den Muttermörder zum Besten gab. Wie passend.
Ja, er war wirklich ein wenig geltungssüchtig.
Wobei ich mir sicher bin, dass es auch heute noch für ziemliche Unruhen sorgen würde, wenn Frau Merkel auf einmal im Münchner Staatstheater als einer der Physiker Dürrenmatts auftreten würde. Nicht auszudenken…
(…aber lustig vorzustellen..)
Mittwoch, 31. Oktober 2007
Als ich fort ging
Manchmal hör ich ein Lied, bei dem ich mir dann denke: Das könnte man prima am Ende einer Verfilmung deines Lebens spielen, wenn eine kleine Einblendung kommt, dass du irgendwann Schluss gemacht hast.
Als ich gestern mittag in der Küche stand, lief genau so ein Lied im Radio und ich sah den Abspann zu meiner Bio vor meinem inneren Auge ablaufen.
Es hat ziemlich gut gepasst.
http://www.youtube.com/watch?v=bv5SQH7V2Ao
Allerdings bin ich jetzt schon fast wieder der Ansicht, dass ich das perfekte Lied zum Schluss doch selbst schreiben sollte.
Vielleicht geht es mir dann so wie allen großen Künstlern, dass ich erst nach meinem Tod wirklich Erfolg habe.
Aber vielleicht soll ich den gar nicht haben.
Vielleicht bin ich das, wofür die Mutter des Claudius ihren Sohn immer gehalten hat: Etwas, das die Natur begonnen, aber nicht zu Ende geführt hat. Etwas völlig unvollkommenes.
Klar, niemand ist vollkommen, niemand ist perfekt, aber einige sind nahe dran, zumindest ein ganzes Stück näher, als ich.
Ja, das klingt jetzt wieder tieftraurig und wahnsinnig betrübt, aber manchmal braucht man ein Ventil, um seine abgründigen Gedanken loszuwerden.
Die Abgründigsten behält man sowieso für sich.
Gerade vorhin saß ich in einem Proseminar, in dem ich immer wieder den Eindruck hatte, dass es ziemlich sinnlos ist, worüber da diskutiert wird. Bringt es die Menschheit wirklich weiter, wenn sie weiß, was der Mantel in Aristophanes "Wolken" für eine Bedeutung hat? Muss ich wissen, warum Strepsiades am Ende Sokrates´Haus niederbrennt?
Und warum zieht im Augenblick alles an mir vorbei?
Weshalb kommt es mir so vor, als wäre die Welt hinter Glas und ich bin das kleine Kind vor dem Spielzeugladen, dass sich die Nase an der Scheibe plattdrückt?
Im Film "Stadt der Engel" gibt es die Vorstellung, dass diejenigen, die bald sterben werden, von einem in Schwarz gekleideten Engel abgeholt werden, den nur sie sehen können.
Im Augenblick beobachte ich mich immer wieder dabei, wie ich nach einem solchen Engel Ausschau halte, wie ich ihn mit meinen Blicken suche und doch nicht finde, obwohl ich ab und zu den Eindruck habe, dass er direkt hinter mir steht.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich viele Menschen eine von ihnen nicht beeinflussbare Bedingung setzen, die sie, wenn sie erfüllt wird, dazu berechtigen, zu gehen...
Da ist es schon gut, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann.
Dienstag, 30. Oktober 2007
Sprachlos
Jemand, den man eigentlich überhaupt nicht kannte, stirbt und man weiß nicht, was man sagen soll.
Als ich gestern nichtsahnend meine Mails nachsehen wollte, sah ich den Eintrag auf der Homepage von web.de.
Evelyn Hamann ist tot.
Ich saß still da, unbeweglich, wie vom Donner gerührt. Das kann nicht sein. Mir fielen die zahlreichen Filme ein, die ich mit ihr als Darstellerin gesehen habe. Einzelne Szenen tauchten auf, ich hatte die Stimme wieder im Ohr.
Eine ganze Weile saß ich einfach nur da und starrte ihr Bild auf dem Monitor an.
Es macht mich ziemlich betroffen und gleichzeitig lässt es mich verwundert zurück, dass mich ihr Tod so berührt.
Schweigen ist alles, was bleibt. Völlige Sprachlosigkeit.
Montag, 29. Oktober 2007
...
Die großen weißen Vögel
Weit draußen auf dem blauen Meer
erklingt ein Lied von Wiederkehr,
ein Lied vom Leben.
Matrosen singen es zur Stund,
da sie den Freund dem Meeresgrund
tot übergeben.
Im Tuch aus Leinen ruht er schön
und hört leis weiße Flügel gehn
in blauen Fernen.
Ein Lächeln schmückt ihn, wo er liegt.
Das ist die Seele, denn sie fliegt
nicht zu den Sternen.
Und seinen Leichnam ruft ein Lied,
das lockend über Klippen zieht,
wie Wind und Welle.
Schäumt auch die Meeresfläche wild,
Gedanken formen doch ein Bild
aus seiner Seele.
Der schöne Seemann, wie ein Stein,
sank in die tiefe Flut hinein,
in eine Wiege.
Zur selben Stund hoch in der Luft
ein großer weißer Vogel ruft:
den Tod besiege!
Seht ihr die weißen Möwen dort,
sie fliegen weit vom Ufer fort
im Meerestosen.
Sie formen Schreie und erzählen:
unsre Flügel sind die Seelen
der Matrosen.
Der Meeresfluten kühles Grab
zieht dich, Matrose, tief hinab,
dich zu vereinen
mit allen, die an dich gedacht
und die in ferner stiller Nacht
leis um dich weinen, weinen, weinen.
Ich bin wieder hier...
Na ganz toll.
Da glaubt man, dass man es geschafft hat, dass man ab jetzt glücklich und einigermaßen frei leben kann und dann kommt wieder so ein verfluchtes Loch.
Man hat das Gefühl einfach nur zu fallen, ohne jemals irgendwo anzukommen oder aufzuschlagen. Es geht die ganze Zeit nur abwärts, immer tiefer, immer dunkler, immer lauter wird die Stille und man kann sich nirgens festhalten, jedes Mal, wenn man nach etwas greift, rutscht man wieder mit den Händen ab und der Sturz geht weiter, scheint nie enden zu wollen.
Alles um einen herum kommt einem so fremd vor. Man selbst ist sich fremd. Man passt nicht in die Welt.
Aber es ist nicht die typische Traurigkeit, die man halt ab und zu mal hat. Nicht wie üblich, dass kein Lied traurig genug sein kann und man sich am besten noch einen Film mit Taschentuchgarantie reinzieht.
Es ist tiefer.
Viel tiefer. Man wird still. Schweigsam und sehr nachdenklich. Und man sehnt sich nach Einsamkeit, weil man weiß, dass man da nichts falsch machen, niemandem weh tun kann.
Weit weg von all dem, was einen überrollt, was einen überrascht und vor völlig neue Situationen stellt.
Einfach raus hier.
Schluss mit dem Theater.
Sämtliche Kraft ist aufgebraucht und man fühlt sich wie ausgelutscht, leergesogen.
Warum hört es nicht einfach auf?
Mittwoch, 24. Oktober 2007
Halleluja, der Turm stürzt ein!
Unglaubliche Gefühlsausbrüche, die einen mitten in die Seele treffen und nicht mehr loslassen.
Eine Intensitiät so stark, dass es in der Luft knistert und der man sich nicht entziehen kann.
Ein Abend mit Jan Plewka, dem Sänger der Gruppe "Selig", an dem er Lieder von Rio Reiser singt.
Ich bin immer noch vollkommen hin und weg. Das waren Momente, von denen man sich wünscht, dass sie niemals enden, dass man sie auf ewig in sich tragen kann und wieder und wieder durchlieben und durchleiden kann.
"Wenn niemand bei dir is' und du denkst, daß keiner dich sucht,
und du hast die Reise ins Jenseits vielleicht schon gebucht,
und all die Lügen geben Dir den Rest:
Halt dich an deiner Liebe fest.
Wenn der Frühling kommt und deine Seele brennt,
du wachst nachts auf aus deinen Träumen,
aber da is' niemand, der bei dir pennt,
wenn der, auf den du wartest,
dich sitzen läßt:
Halt dich an deiner Liebe fest.
Wenn der Novemberwind deine Hoffnung verweht,
und du bist so müde, weil du nicht mehr weißt, wie's weitergeht,
wenn dein kaltes Bett dich nicht schlafen läßt:
Halt dich an deiner Liebe fest."
Und man sitzt im Theatersessel, neben sich einen Menschen, der einen liebt und den man selbst niemals loslassen möchte.
Gibt es etwas Schöneres?
Eines ist ganz klar:
die nächste DVD, die ich mir besorge, trägt den Titel "Jan Plewka singt Rio Reiser" und keine anderen CDs als die von Jan kommen demnächst in die Tüte!
Wunderbare, einfühlsame und ergreifende Texte in Verbindung mit dieser einzigartigen Stimme.
Danke, für diesen wunderbaren Abend.
Dienstag, 23. Oktober 2007
Von Lebkuchenhäuschen, Foltermethoden und Männern vom Fass
Alles ganz normal.
Radfahrer, Marktstände, schreiende Kinder, alte Menschen, junge Menschen, alte Menschen, die so tun, als wären sie junge Menschen...nichts Besonderes.
Oder etwa doch?
...na wenn ich schon so frage...
Lebkuchenhäuschen.
Wir haben Oktober und seit geschätzten zwei Wochen stehen hier Holzbuden mit Lebkuchenoptik herum.
Meine erste Vermutung war ja, dass diese Hütten nachts ein Eigenleben entwickeln und auf tagsüber unsichtbaren Zehenspitzen im Dunkeln zum Schloßplatz schleichen, um sich dann am ersten Advent zu einem Rudel zusammen zu finden und ihr Innerstes, sprich Spekulatius, Printen, Anisplätzchen und Kokosmakronen, preiszugeben.
Aber irgendwie lag ich da falsch. Sie wandern nicht. - Obwohl das eine sehr schöne Vorstellung ist, das muss man mir lassen!
Sie stehen also da und mittlerweile ist es schon so, dass sogar Weihnachtsgebäck verkauft wird. Wobei Norma und Co. ja schon vor drei oder vier Wochen damit begonnen haben.
Mal ehrlich:
vergeht einem da nicht die Vorfreude?
Bei uns zuhause gibt es die goldene Regel, dass es keinen Lebkuchen und nicht ein einziges Plätzchen, geschweige denn Stollen vor dem ersten Advent gibt.
Das hält die Spannung aufrecht und man nimmt nicht schleichend von September bis Dezember zu, sondern schlagartig...ob das von Vorteil ist, sei dahin gestellt, aber die Grundidee ist doch nicht schlecht.
Ich habe ja vor einiger Zeit die These aufgestellt, dass es irgendwann einen gesetzlichen Feiertag namens Weihstern geben wird. Ostern und Weihnachten finden dann im Sommer, mitten in den großen Ferien statt. Dann also, wenn der Großteil der Bevölkerung sowieso frei hätte, so dass kein zusätzlicher freier Tag anfällt und die Arbeitgeber sich zufrieden die Hände reiben können, weil niemand ausfällt.
Gut, die Wirtschaft wird davon nicht sonderlich begeistert sein, denn ob eine Zusammenlegung der Feste die Kaufkraft automatisch verdoppelt ist die zweite Frage...
Eigentlich bin ich mir jedoch ziemlich sicher, dass die Regierung (so wie sie jetzt drauf ist) darüber bestimmt sofort eine Bundestagsdebatte abhalten und einen vorläufigen Gesetzesentwurf erarbeiten würde.
Sogar Herr Schäuble würde sich freuen, denn dann gibt es nicht mehr zwei Tage, an denen potentielle Anschläge passieren könnten, sondern nur noch einen! Das macht die Lage in Deutschland doch schon mal sicherer...
Zum eben genannten Herren nur ein Zitat eines Ausspruches eines bekannten Kabarettisten:
"Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wäre ich der festen Überzeugung, dass der ein Rad ab hat." - Dem ist nichts hinzu zu fügen.
Was ich allerdings meinem Zimmer zufügen sollte (welch glanzvolle Überleitung), ist ein Bett. Und damit meine ich wirklich das Ding mit den vier Brettern als Rahmen und einem ordentlichen Lattenrost und ner Matratze.
Was ich bisher als Schlafstätte benutze, hätte man selbst im Mittelalter ob seiner grausamen Schmerzen, die es herbeiführt, als Folterinstrument abgelehnt.
Apropos Schmerzen:
Wenn ich noch einen Comedian erwische, der einen blöden Witz über das PMS macht...
Die sollen das selbst erst mal mitmachen, dann würden sie die Klappe nicht so aufreißen, sondern hätten Ehrfurcht vor unserer Standhaftigkeit!
Wenn Männer die Tage bekommen würden, würde unser gesamtes System täglich zusammen brechen und die Krankenhäuser hätten eigene Stationen dafür, die ständig überbelegt wären. Es gäbe keine Schießereien mehr im Fernsehen, sondern den Wettstreit, wer es länger aushält, ohne zur Schmerztablette zu greifen.
Aber gut...ich will mich beruhigen und lieber noch eine nette Anekdote zu den Kelten erzählen. Bei Asterix und Obelix, ihres Zeichens Gallier (=Kelten) gibt es ja die Vorstellung, dass die einzige Angst, die sie hätten, die sei, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte.
Wie ich nun erfahren habe, ist das keineswegs eine Erfindung von Goscinny und Uderzo, sondern eine historisch belegte Tatsache.
Es findet sich zum Beispiel ein Bericht eines Alexander-Biographen, der von einem Besuch der Kelten bei Alexander erzählt. Dieser habe die Krieger gefragt, wovor sie Angst hätten, natürlich nur, um zu hören, wie sie knieschlotternd und mit bebender Stimme seinen Namen sagten (er war ein kleinwenig eingebildet...was auch durch Quellen belegt und damals ebenso empfunden wurde).
Die Antwort der Gäste allerdings ließ ihn kurz verstummen.
Sie erklärten ihm, dass sie so weit ab vom Schuss lebten und er sich sowieso in eine andere Richtung orientiere, dass sie vor ihm, den sie natürlich schätzten, keine Angst hätten. Die einzige Befürchtung, die sie immer wieder umtreibt sei, dass der Himmel über ihnen hereinbrechen könnte.
Daraufhin machte er sie noch schnell zu Bundesgenossen und als sie den Raum verlassen hatten, nannte er die Kelten "Windbeutel" - will heißen: Aufschneider, Angeber, Prahler.
Tja, gleich und gleich gesellt sich eben gern.
Bekannter als diese Tatsache ist die Begegnung mit Diogenes, dem Typen im Fass. Er predigte wohl sowas wie Besitzlosigkeit, also dass man nicht reich und wohlhabend sein müsse, um glücklich zu sein.
Diogenes lag also an einem schönen Tag mal wieder herum und genoss sein Leben.
Da kam Alexander vorbei, der von ihm gehört hatte und sagte ganz gönnerhaft: Er wolle ihm jeden Wunsch erfüllen, den Diogenes verlange. Egal was, er würde es ihm erfüllen.
Diogenes gab als Antwort genau fünf Worte:
"Geh mir aus der Sonne!"
Bühnenreif, würde ich sagen. Eindeutig.
Montag, 22. Oktober 2007
Von drauß vom Walde komm ich her...
Ja.
Wir haben Winter.
Woran merkt man das?
Wenn man vom Fahrrad steigt und sich seine Hände ansieht, sehen sie ziemlich rot aus und der Versuch, sie ein wenig zu bewegen, wird schnell wieder beendet, denn es tut höllisch weh, weil sie bis auf die Knochen durchkühlt sind. - Ich sollte mir wirklich Handschuhe zulegen, wenn meine Finger dran bleiben sollen, was durchaus in meinem Sinn wäre!
Und für Brillenträger besonders schön: sobald man in einen warmen Raum kommt, sieht man nichts mehr. - Das nervt!
Aber:
man kann auch wieder gemütlich auf dem Sofa hocken, mit einer Kuscheldecke (die mir noch fehlt...), einer Tasse Tee und wenn man gaaaanz viel Glück hat, muss man das nicht mal alleine tun. - Ein Traum...
Diese Woche wird es also ernst: Sämtliche Kurse, Seminare und Vorlesungen finden statt. Mal sehen wie mein Nervenkostüm am Ende der Woche aussieht. Ich bin gespannt.
Aber zum Glück stehen ja auch zwei sehr schöne Abende an, die ich nicht in der Uni oder am Schreibtisch verbringen werde, sondern im Theater. Jan Plewka (Sänger der Gruppe Selig) und Nessi Tausendschön (~Kabarrettistin) warten und ich freue mich schon sehr darauf.
Außerdem nähere ich mich dem glücklichen Zustand, so ziemlich die Grundausstattung an Büchern beisammen zu haben. Für alle reicht es nicht, aber das Wichtigste steht bereits am Arbeitsplatz oder ist bestellt.
Hach ja...die letzte Woche war sooo schön...besonders natürlich das Wochenende ;-)
Tabu ist einfach ein geniales Spiel, vor allem die Version mit Knotenknut! Und Black Stories ist ebenfalls ein erheiterndes und was Mordpläne angeht, ein sehr inspirierendes Spiel.
Es ist wirklich schön, wenn man einen Abend mit Leuten verbringt, bei denen man sich nicht verstellen muss und die einem auch mal dummes Gesabbel nicht übel nehmen oder sogar noch mit einsteigen.
Und: ICH war Gastgeberin! ICH! Das muss man sich mal vorstellen. Der Partymuffel schlechthin, der übelste aller Trauerklöße hat das alles organisiert und die Leute eingeladen. - Man wird es mir wohl nicht übel nehmen, wenn ich voller Stolz von mir behaupte, dass ich mich ganz schön gewandelt habe.
Rückblickend lässt sich die letzte Woche mit der Überschrift: Und ich kann es doch! betiteln.
Ich bin meinem Leben oder dem, was sich Leben nennt, nicht hilflos ausgeliefert, sondern kann es mitbestimmen, kann es verändern und offensiv darauf los gehen.
Der einzige Nachteil des Ganzen: man bekommt eher wenig Schlaf...aber das ist es mir wert!
Oder um es mit Wolfgang Borchert zu sagen:
Berauscht
Berauscht euch! Nur berauscht
läßt sich dies Leben leben -
berauscht von Geist und Blut und Reben,
berauscht von Licht und Dunkelsein!
Sauft doch das Leben -das Leben selbst ist Wein!
In diesem Sinne: auf geht´s!
Donnerstag, 18. Oktober 2007
Dieses war der erste Streich...
Ja, richtig gelesen. War.
Denn ich habe zwar durchaus mit Freude, aber doch ein wenig mit Enttäuschung heute mittag festgestellt, dass ich morgen frei habe. Frei-tag.
Allerdings nur diese Woche, denn nächste Woche findet dann sowohl der Französisch-Kurs, als auch die Mittelalter-Übung statt. Da ist dann nichts mehr mit ausschlafen.
Dann heißt es dienstags, donnerstags und freitags: sieben Uhr aufstehen, um acht in der Uni sein!
Im Grunde kann ich mich aber über meinen Stundenplan nicht beklagen. Ich habe immer wieder mal eine Lücke, um mal durch zu schnaufen, etwas zu essen oder kopieren zu gehen.
Das erste Hausarbeitsthema habe ich auch schon: Nero als Künstler.
Im Moment habe ich ja immer noch das Bild des jungen Peter Ustinov vor mir, der seine Tränen in einem kleinen Becherchen sammelt und, sich selbst auf seiner Lyra begleitend, das brennende Rom besingt. - Fragt sich, was für Rom schlimmer war...
Mal sehen, was von diesem Bild am Ende des Semesters übrig ist.
Ein bisschen Stress gab es leider auch schon, denn die Uni konnte ja nicht damit rechnen, dass zum Wintersemester so viele neue Studenten kommen und die natürlich alle nach der neuen BA- oder Master-Ordnung studieren wollen und deshalb sämtliche Proseminare in NDL zum Beispiel völlig überfüllt sind. Da sitzen dann eben statt vierzig locker mal achtzig bis neunzig Leute, von denen die Hälfte nicht wusste, dass man sich für das Seminar anmelden muss, weil es ihnen entweder nicht mitgeteilt wurde oder sie sich, wie in meinem Fall, auf die Informationen im Univis verlassen haben, die besagten, dass man sich in der ersten Stunde anmelden kann. Super!
Dann bekommt man noch etwa acht Reclams und zwei Einführungen genannt, die man sich allein für dieses Seminar zulegen sollte, denn "Ich bin der Meinung, dass Sie das im Regal haben sollten." - Schön. Aber ich bin der Meinung, dass die hier langsam nicht mehr alle Nadeln an der Tanne haben!
Würde ich mir alle Bücher zulegen, die mir genannt wurden, käme ich auf geschätzte dreihundert Euro. Das ist doch mal ne stolze Summe!
Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als mir nur das Nötigste zu besorgen und den Rest stundenweise in der Unibib zu lesen oder mir dort auszuleihen.
Irgendwie hatte ich mir Studieren einfacher vorgestellt, soll heißen weniger kompliziert was die Organisation angeht. - Ts, da ist man ein Mal optimistisch eingestellt...
Heute konnte ich in der Vorlesung zur römischen Geschichte ein Phänomen beobachten. Einen Menschen, der nur in Vokalen zu sprechen scheint.
Ja.
Wir saßen etwa in der Hälfte der Reihen und konnten nur anhand unserer Kombinationsfähigkeit entschlüsseln, was der gute Mann, der zugegebenermaßen wirklich sympathisch, bemüht und durchaus nett zu sein scheint, da vorne erzählte.
Ab und zu tauchte mal ein "sch" oder "tz" auf. Dann aber wurde es wieder ein Aneinanderreihen von A´s, O´s, U´s und den restlichen Vokalen.
Aber ich will nicht meckern.
Wenn ich mir den Stundenplan und vor allem die Stundenzahl meiner Mitbewohnerin, die Jura studiert, ansehe, dann bin ich schon ziemlich froh, dass ich mit 21 Semesterwochenstunden noch relativ viel Freiraum habe. Allerdings habe ich eine fünf-Tage-Woche im Gegensatz zu ihr, die sie nur vier Tage in der Uni ist...
Ein Schädel kostet neunundsiebzig Euro!
Ich dachte, dass sich so ein Teil in meinem Zimmer sicher ganz gut machen würde und habe mich in der Buchhandlung um die Ecke mal in die Medizinerabteilung gewagt und nachgesehen. Neunundsiebzig Euro. - Das ist es mir dann doch nicht wert...
Auch Stethoskope sind ganz schön teuer, hätte ich nicht gedacht. Aber da ist es dann echt kein Wunder, dass es der Otto-Normal-Verbraucher nicht zum Arzt bringt, wenn man allein um die Grundausstattung zu bekommen schon Millionär sein muss.
Wobei die Bücher der Psychologen und der Juristen auch locker mal dreißig bis vierzig Euro das Stück kosten. Tja, selbst wenn ich das mit Mathe noch auf die Reihe gekriegt hätte, spätestens am Bücherregal wäre meine Karriere als anerkannte Kinderpsychologin gescheitert...
Und meinen Notfallplan, an der Uni zu bleiben, falls es mit dem Lehramt nicht wirklich klappen sollte, kann ich im Grunde auch vergessen, denn nachdem ich mich mit einem Mathematiker unterhalten habe und der meinte, dass es sich eigentlich nur als Prof lohnt, am Ort des Verbrechens zu bleiben, gibt es wohl doch nur noch den steinigen Weg zurück ans Gymnasium.
Schon schräg:
Erst ackert man neun Jahre lang mehr oder weniger intensiv, dass man da raus kommt und dann sitzt man sich viereinhalb Jahre den Hintern wund, um wieder rein zu dürfen. - Warum kann man nicht gleich da bleiben? Lehrer als anerkannter Ausbildungsberuf wäre doch auch mal ne schöne Alternative.
Was heute allerdings besonders schön war, war die sinnloseste, aber dafür auch spaßigste Beschäftigung, die ich seit Langem getan habe:
Männer benoten.
Wir saßen zu zweit im Café am Tresen der günstiger Weise am Fenster stand und daher einen guten Blick auf die vorbeilaufenden mal mehr, mal weniger männlichen Wesen bot, und bewerteten auf einer Skala von eins bis sechs.
Unglaublich wie viele Dreier herumlaufen…
Moralisch gesehen, war das natürlich keinesfalls in Ordnung, was wir da gemacht haben, aber „es ist weiblich“, wie meine Kommilitonin bemerkte und das neutralisiert das Ganze dann wieder. Außerdem waren wir auch relativ fair und wenn jemand so gar nicht unser Fall war, dann bekam er eben eine Null.
Ist doch nett von uns?
Und wir trafen den Entschluss das jetzt jeden Donnerstag von viertel vier bis vier zu machen. Endlich etwas Spannendes im Stundenplan!
Morgen folgt noch ein schönes Semesteranfangsessen mit guten Freunden und hoffentlich einer Runde Tabu mit Knotenknut. – Ich liebe es! (um eine bekannte fast – food - Kette zu zitieren)
In diesem Sinne: qualis artifex pereo!
Das waren die letzten Worte Neros.
Wenn ich es nicht im entscheidenden Moment vergesse, könnten das auch meine werden…
PS: Hier noch ein Link zu einem Lied, der mich doch stark an die letzten Momente auf der großen Bühne erinnert hat...obwohl es doch eigentlich um Liebe geht...aber war es nicht wie eine unsterbliche Liebe, die Bühne und ich?
http://www.youtube.com/watch?v=b-6L3SVFLwU
Montag, 15. Oktober 2007
...jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...
Das neue Semester hat heute begonnen und wenn es so weiter geht, wird es ein schönes halbes Jahr ;-)
Die Sonne scheint, es ist schön kalt und die Luft riecht nach Herbst!
Das erste Seminar ist zu dem erst um 18.15 Uhr (leider nur diesen Montag...) und der Besuch bei der Psychotante hat mir zwar ein Rätsel aufgegeben (nämlich: Finde Dinge, die an Dir schön sind!), aber ich habe mich für die lustige Lösung entschieden, einfach ein paar Bekannte zu fragen, was die an mir wohl als schön bezeichnen würden. Was freue ich mich auf die verwirrten Gesichter und die kleinen Rauchwölkchen, die über ihren Köpfen aufsteigen werden ;-)
Hach ja...die Stadt erwacht wieder zu neuem Leben: die Studenten sind zurück! Die Zahl der Fahrradfahrer ist um mehr als das Doppelte gestiegen und die Cafes sind wieder gefüllt, Thalia macht endlich wieder richtig Umsatz, weil bekanntlich Erstsemester jedes Buch kaufen, das vom Dozenten oder gar vom Prof empfohlen wurde (ich spreche aus Erfahrung...) und die Dönerbudenbesitzer müssen sich über ihr Auskommen auch keine Gedanken mehr machen.
Selbst die Unibib ist nicht mehr so ausgestorben (und leider nicht mehr ganz so ruhig) wie in den Ferien, Herden von neugierigen und lerneifrigen "Frischlingen" werden durch die Gänge geführt, mit dem festen Vorsatz im Hinterkopf, dass sie sämtliche Angebote der Bib nutzen werden, um aus ihren Referaten und Hausarbeiten Meisterwerke zu machen. - Wer kennt das nicht...
Ich werde das neue Semester stilecht mit einem gepflegten Milchkaffee und einem ausgiebigen Gespräch über die Ferien mit einer Mitstudentin beginnen und jeglichen Gedanken an drohende Hausarbeiten, Referate und Klausuren erst mal gekonnt in die hinterste Ecke meines Hirnes verbannen.
Die Uni hat mich wieder, frei nach dem Motto: Dieses Semester wird alles besser!
In diesem Sinne,
Stina
Samstag, 13. Oktober 2007
Klage wegen Spätfolgen?
NIE WIEDER!!!
Mein rechter Arm sieht aus, als wäre ein Elefant drauf gestiegen. Eine Mischung aus blau, lila und grün, die sich zu einem Fleck von etwa zehn Zentimetern Durchmesser verbunden hat. Mal abgesehen von den Schmerzen, die bei der geringsten Berührung entstehen...
Ich muss mich wiederholen: Warum hat uns die Evolution keinen Zapfhahn geschenkt?
Arztbesuche würden sich so viel angenehmer gestalten!
Donnerstag, 11. Oktober 2007
Von blutleeren Wesen und Anmeldeglück
Wenn da nur nicht die Sache mit der Nadel wäre...aber gut, klein Stina lässt sich tapfer einen Termin geben, erscheint auch pünktlich und setzt sich ins Wartezimmer.
Als ich mich gerad wunderbar von dem mir Drohenden abgelenkt habe, steckt die Sprechstundenhilfe den Kopf zur Tür rein, grinst mich freudestrahlend an, fragt "Frau Thun?" - "Ja?" - "Wir bräuchten erst mal ein wenig Urin." - "Jetzt?" - "Ja ja, a bissla was geht immer!". Warum bin ich plötzlich so irritiert? Ist es das "wir" in ihrer Aufforderung? Wer ist "wir" und was wollen die damit? Ihre Sammlung ergänzen? - Sicher nicht...
Schon jetzt ist jeder Versuch sich gedanklich mit etwas anderem zu beschäftigen sinnlos: Die Nadel wartet und es dauert sicher nicht mehr lange bis..."Und dann gehen sie einfach ins Zimmer da drüben und legen sich auf die Liege, gell?", ich kann nur ein leises und verzweifeltes "O.k." antworten und verschwinde im Klo.
Warum kann ich mich nicht einfach runter spülen? Und was wäre, wenn ich mich hier einsperrte und einfach nicht mehr heraus käme? Aber es nützt ja nichts...
Nachdem der erste Akt gemeistert ist, folgt bekanntlich der zweite. Im klassischen Dreiakter der Höhepunkt, die Peripethie.
Ich liege also auf der Pritsche und frage mich, ob es einem zum Tode geweihten in den USA am Ende genau so geht, wie mir gerade - wobei ich wahrscheinlich noch vor der Injektion aus lauter Angst vor der Spritze krepieren, also von der Aktion selbst nichts mitbekommen würde.
Die nette Dame fängt an. Erst das Gummiband um den Oberarm und dann wird gesucht. Bei mir ein hoffnungsloses Unterfangen, wie ich aus Erfahrung weiß. Sie findet eine Ader, bzw. glaubt es zumindest, und sticht, nach einer kurzen Warnung ("So, jetzt piekst es kurz und dann brennt es ein bisschen." - Danke für den Hinweis...)in meine Armbeuge.
Tja, wie erwartet kommt kein Blut. Sie fängt an zu rühren, es tut sich nichts. Keine Chance. Sie zieht die Nadel wieder heraus, auf das übliche Pflaster kann verzichtet werden, es kommt ja eh nichts.
Mir ist mittlerweile kotzübel, mir wird heiß und kalt, prima Stimmung! Der nächste Versuch wird in einem anderen Zimmer gestartet, damit sie an den rechten Arm kommt ist eine andere Liege notwendig. Also gut, dann gehen wir mal los. In meinem Kopf tanzen die Synapsen Samba und ich sehe mal schwarz und dann verschwommen den Türrahmen, an dem ich mich festkralle. Endlich im anderen Zimmer angekommen, kann ich mich wieder hinlegen. Jetzt ist es schon so weit gekommen, dass ich die Geräusche um mich herum nur noch ganz gedämpft wahrnehme. Wird ja immer besser...
Die Suchaktion "Ader" wird von Neuem gestartet, ein zweiter Stich getätigt und erneut gerührt und gedrückt. Ergebnis: mir ist immer noch schlecht und die Kanüle bleibt trocken.
Jetzt hilft nur noch Eines: der Chef muss selber ran.
Um es kurz zu machen: er sticht sehr (!) tief und findet endlich eine Ader, die bereit ist, ihre Schleusen zu öffnen. Kommentar seinerseits: "Ein Traum wird wahr!"
Nachdem drei Röhrchen gefüllt sind und ich, auf die Einstichstelle drückend, mich langsam aufrichte und vorsichtig zur Tür gehen will, kommt die Sprechstundenhilfe noch mal und hält mich auf. "Moment, wir brauchen noch den Blutdruck!" Na, wenn´s weiter nichts ist, denke ich mir. Weit gefehlt! (Und warum schon wieder "wir"?)
"Gut. Jetzt brauchen wir dann bloß noch die Größe, das Gewicht und ein EKG."
Nutzt er die seltene Gelegenheit, dass ich mal da bin, um mich buchstäblich auf Herz und Nieren zu checken?
Die Größe ist kein Problem, die weiß ich ja. 1,78m, können Sie gleich aufschreiben. - Sie glaubt es mir aber nicht. "Sie sind doch größer..." - Guuut, dann messen wir eben. Das Ergebnis beweist, dass ich falsche Angaben für meinen Perso gemacht habe. 1,83m. Hm...dass ich so groß bin, hätte ich jetzt nicht gedacht...
Es folgt das Gewicht und damit der dritte Akt. Die Katastrophe.
Die genauen Daten lasse ich jetzt mal außen vor. Nur so viel: Die Notrufnummer der Polizei vergesse ich so leicht nicht...
Und als Abschluss des Ganzen: das EKG.
Super. Oben ohne vor einer jungen Sprechstundenhilfe, die mit einem traumhaften Körper gesegnet ist. Gibt es demütigenderes?
Jedenfalls bin ich froh, als ich wieder angezogen im Arztzimmer hocke und auf den Chef warte. Es folgt das obligatorische Abhören und nach einem kräftigen Händedruck und dem Hinweis, dass ich die Ergebnisse am nächsten Tag abholen kann, verlasse ich mit zwei schmerzenden Armen die Praxis.
Resultat heute, einen Tag danach:
Meine Werte sind in Ordnung.
Nur meine Armbeugen sehen aus, als wäre ich eine Drogensüchtige, die das Stechen noch üben muss. Abgesehen von den Schmerzen.
Nun gut, es ist geschafft und ich lebe noch.
Bis zum nächsten Mal ;-)
Ein weiteres Erlebnis, das mir erst mal einen Schreck eingejagt hat, war eine e-Mail von der Uni, dass die Anmeldung zu einem Kurs schon längst abgelaufen und der Kurs bereits voll ist.
Toll, was jetzt?
Beim checken der anderen Kurse fällt mir auf, dass die bereits alle belegt sind. Bis auf einen. Digitale Literatur. - Interessiert mich das? -Nein.
Letzte Chance: die Dozentin persönlich anschreiben und die ganze Story erklären. Denn ein früherer Eintrag im Univis informierte einen darüber, dass die Anmeldung im Kurs erfolgt und nicht online.
Und ich habe mordsmäßiges Glück!
"Ja, er ist bereits voll, aber sie können sich ausnahmsweise noch in der ersten Stunde anmelden. Mit freundlichen Grüße,..." - DANKE!
Mein sorgfältig erarbeiteter Stundenplan bleibt mir erhalten und ich komme in alle Kurse, die ich wollte.
Das Semester kann beginnen, ich bin bereit!
Montag, 8. Oktober 2007
Traummann?
Ich weiß, dass er nur so tun wird, als würde er mit mir flirten und als hätte er es auf mich abgesehen (im Positiven!), aber ich gehe trotzdem hin.
Wir treffen uns vor dem Theater und gehen zusammen rein. Ich sitze neben ihm und als das Stück beginnt, legt er seinen Arm um mich und ich lehne mich an seine Schulter.
Die Kameras um uns herum bemerke ich zwar, aber sie stören mich nicht. Ich spiele das Spiel mit und tue so, als wäre ich total verliebt in ihn.
In der Pause wird mir klar: Ich bin wirklich in ihn verliebt!
Nach der Pause ist er allerdings wie ausgewechselt und macht einen auf total cool und lässig, auf unnahbar. Ich habe keine Chance mehr, an ihn heran zu kommen, lasse mir aber nichts anmerken.
Nach dem Stück verschwindet er relativ schnell mit den Fernsehleuten und ich stehe alleine da.
Schlussbild: Ich sitze in meinem Zimmer und trauere ihm nach.
Was soll mir dieser Traum bitte sagen?
Außer einem flauen Gefühl in der Magengegend merke ich nichts von einer versteckten Botschaft.
Und Roger Willemsen, ok, er ist wirklich sehr sympatisch, hat eine angenehme Stimme, Humor und Grips, sieht auch nicht soo schlecht aus, aber: Ist er wirklich mein Traumtyp?! - Er zählt schließlich zu den Männern, bei denen ich das Gefühl habe, ihnen geistig haushoch unterlegen zu sein.
Das war wieder so ein Traum, der einen tagelang verfolgt, weil man immer wieder drüber nachdenkt, warum man sowas träumt.
Wie dem auch sei, ich habe Gestern überstanden und jetzt kann es weitergehen.
Nächste Woche geht die Uni wieder los und ich hoffe, ich kann meinen Vorsatz diesmal mitzulernen (und nicht wieder alles auf ein Mal am Ende) in die Tat umsetzen. Frei nach dem Motto: Diesmal wird alles besser!
Im Moment habe ich noch den Eindruck, dass das einer dieser Vorsätze ist, der jedes Jahr/Semester aufs Neue gemacht wird und dessen Haltbarkeitsdatum nach maximal zwei Wochen verfällt, ähnlich wie bei allen guten Dingen, die man sich vornimmt.
Aber einen Versuch ist es wert.
Warum Roger Willemsen? Ich peil das nich.
Mir wurde mal gesagt, dass man oft von Eigenschaften träumt und nicht direkt von der Person, die sie besitzt. Soll das heißen ich wünsche mir insgeheim intelligent, scharfsinnig, eloquent und humorvoll, gar gebildet zu sein? - Bin ich das nicht schon???
(Für alle, die die Ironie im letzten Satz nicht mitbekommen haben, sei hier noch mal mit einem ganzen Zaun darauf hingewiesen.)
Nun ja, mal sehen was die letzte Woche Freiheit so bringen mag. Danach folgt wieder die Diktatur der Fachliteratur, Professoren und Dozenten. Vielleicht schaffe ich es in dieser Runde auch mal zurück zu schlagen und mir für andere Dinge Zeit zu nehmen. Charlie hängt schließlich schon leicht angestaubt an der Wand und schweigt mich strafend an. (Charlie =Gitarre)
Am Mittwoch droht noch mal ein Loch: Blutentnahme und Geburtstag der gestern so verarschten Tante.
Ich frag mich grade, was schlimmer ist... ;-)
Vielleicht bin ich im neuen Semester auch mal wieder zu geistreicheren Einträgen fähig. Wollen es hoffen!
So long
Sonntag, 7. Oktober 2007
same procedure as every year...
Die Wünsche des Geburtstagskindes?
Aufbauende Worte für das nächste Lebensjahr?
Nein, weit gefehlt.
Die wirklich wichtigen Fragen, die an einem solchen Tag geklärt werden müssen sind:
Wer ist in letzter Zeit gestorben?
Welche Bedienung an der Fleischtheke ist am freundlichsten?
Was haben sich Bekannte oder Freunde vor kurzem so geleistet, worüber man herrlich lästern könnte?
Welcher Metzger ist der Beste?
Nebenbei fallen dann noch Bemerkungen wie "Na ja, lang werd ich auch nicht mehr leben." oder "Wenn ich meinen nächsten Geburtstag noch erleben sollte, dann...". Dann wird darüber gemeckert, dass die Lose auf der Kirchweih schlecht gemischt waren, dass das Bier zu teuer und die Fischbrötchen schlecht belegt sind und die anwesende Tante wird mit Sätzen wie "Fress net so viel!" oder "Schau ner noo, die soll sich fei a weng bewegn, dass sie nett nuch fetter wird!" oder sonstigen abfälligen Nettigkeiten bedacht. (Hier sei angemerkt, dass die verspottete Tante geistig behindert ist und solche Bemerkungen eine sehr verletzende Wirkung haben, ähnlich wie bei einem dreijährigen Kind, auf dessen geistigem Niveau sie sich befindet)
Und ansonsten tun alle so, als fänden sie den anderen nett und würden sich freuen, hier zu sein. Schmierentheater³.
Ja, ein gesundes Familienleben ist schon etwas Schönes.
Und man sitzt dabei und schweigt.
Seit 21 Jahren.
Eines ist klar: Der nächste Geburtstag findet ohne mich statt. Auch körperlich. Denn es würde kaum auffallen, wäre ich nicht hier.
Ein Tag wie jeder andere.
Einziger Unterschied: Es gibt Kaffee und Kuchen und ein gemeinsames Abendessen.
Einziger Lichtblick: ein paar nette SMS´s, zwei Anrufe, eine afrikanische Maske von meinem Bruder und einige Einträge im Studivz.
Wenn ich mich in Gedanken daran klammere, ist es sogar ein schöner Tag.
Nun gut, das Abendessen wartet und ich werd mich wieder zu den lieben Verwandten (ganze zwei Personen) gesellen.
Maske auf und Spot an für die "Stina feels great - Show"!
Noch wenige Stunden, dann ist es überstanden. Keep smiling ;-)