Der Zustand, der allgemein als Glück bezeichnet wird, ist für jeden Menschen anders definierbar. Für den einen ist es ein kühles Bier auf dem Bierkeller seiner Wahl, für den anderen ein schickes Auto, der nächste fühlt sich im Glück, wenn er verliebt ist und wieder ein anderer sieht sein Glück in dem sicheren Arbeitsplatz, den er sein Eigen nennen kann.
Was für mich (u.a.) Glück ist, habe ich letzte Woche feststellen dürfen.
Seit langer Zeit quälte mich das Gefühl, dass ich mich zwar körperlich durchaus verändert habe, also rein massetechnisch, dass sich aber an meinem Äußeren kleidungstechnisch nichts getan hat. Ich bin immer noch der Hosen-Typ, wohl gemerkt lange Hosen. Auch im Sommer. In meinem Schrank befinden sich zwei Hosen, die ich abwechselnd trage. Eine Schwarze aus Stoff und eine Braune aus Cord mit Schlag. Die potentielle Dritte kann ich nicht mehr anziehen, weil sich aufgrund meiner geringeren Masse und Maße lästige Falten bilden, wenn ich sie mit einem nun notwendigen Gürtel vor dem Herabrutschen schützen möchte.
Etwas wirklich Weibliches wird sich in meinem Kleiderschrank nicht so leicht finden (das Ballkleid ausgenommen). Dieser Zustand muss sich ändern!
Zwei Wochen lang geisterte mir die Frage durch den Kopf, ob ich es mir vom Aussehen her leisten könnte, einen Rock zu tragen.
Dass mein Pessimisten-Hirn mir nur Argumente aufzeigen würde, die dagegen sprechen, war mir bewusst. Daher blendete ich fünfzig Prozent davon schon mal aus.
Und letztlich waren die anderen fünfzig nicht mehr stark genug, um die wenigen positiven Argumente zu übertreffen.
Am Freitag machte ich mich nach der Uni daran, mir zum ersten Mal in meinem gesamten Leben als biologisch weibliches Wesen selbst einen Rock zu kaufen.
Das Kuriose an der ganzen Sache: Irgendwer, schien meine Gedanken gelesen zu haben und aus sämtlichen Läden, die ich unsicher aber doch gezielt ansteuerte, alle vorhandenen Röcke in ein mir unbekanntes Lagerhaus am Rande der Stadt zu bringen.
Ich fand einfach keine. - Zumindest keine, bei denen man sich nicht schon beim Betrachten überlegen musste, was die anderen Menschen denken werden, wenn man vor ihnen läuft und sie sich den ganz persönlichen Grand Canyon = Hintern in aller Ruhe genau ansehen können, weil der Stoff seine eigentliche Aufgabe, nämlich etwas zu verhüllen, aufgrund der geringen Dichte nicht erfüllen kann.
Dann gab es noch die etwas zu breit geratenen Gürtel, die den Namen Rock nun wirklich nicht verdient haben, weil sie bündig mit dem der Erde am nähsten liegenden Punkt der Unterhose (falls denn vorhanden) abschließen.
Für mich blieben nur drei Modelle. Immerhin.
Modell a) Der Jeansrock:
Eine steife, schwere, tonnenförmige Röhre, die jeden, der sich hinein wagt, wie einen ganzen Ballen Jeansstoff aussehen lässt, der aus den 70er bzw. 80er Jahren herüber gerollt ist.
Modell b) Der zu groß geratene Stoffrest:
Ein rechteckig geformtes Stück Stoff, das üppig dimensionierten Frauen gerne mal als total figurfreundlich, ja, in "ihrem besonderen Fall nahezu schmeichelnd" die offensichtlich überflüssigen Pfunde umspielen soll. - Das Muster soll nicht näher beschrieben werden, das wäre zu viel der Ehre.
Modell c) Der sportliche Sommerrock:
Weiß, knapp unterhalb des Knies mit einer modischen Naht abschließend und mit sportlichen Taschen vorne, hing er in der hintersten Ecke des Ladens in diversen Größen an einem Kleiderständer. Zu einem Schattendasein verbannt, obwohl gerade richtig. Und zu meiner Freude in einem nicht-deutschen Größenmaß ausgezeichnet, so dass ich nun von mir behaupten kann, dass ich Größe 36 trage! Und das am ARSCH! - Um es mal deutlich zu machen...
Wofür ich mich letztlich entschieden habe, dürfte jedem klar geworden sein.
Ich fühlte mich glücklich wie lange nicht mehr beim Klamottenkauf.
Das Beste: Der Rock steht mir sogar und ich trage ihn gerne.
Die vom Ekel des Anblicks erschrockenen Gesichter derer, die mir entgegen kamen, blieben aus. Niemand wandte sich dezent dem nächsten Buchsbaum zu, um sich darin oral zu entleeren.
Auch die Kinder in der Fußgängerzone liefen nicht schreiend davon oder versteckten sich hinter Mamis Model-Beinen, weil sie befürchteten, der Marshmallow-Mann aus Ghost-Busters wäre auferstanden.
Es war ein ganz normaler Gang durch die Innenstadt.
Und mir ging es gut.
Donnerstag, 14. Mai 2009
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