Heute habe ich sie mir korregiert und benotet abgeholt. Das war allerdings gar nicht so einfach, da ich mich erst mal auf die Suche nach dem zugehörigen Dozenten machen musste. In seinem Zimmer war er nicht. Der Hiwi im Sekretariat schickte mich in die Präsens-Bibliothek und dort sagte man mir, dass der Dozent eben in die Richtung gegangen sei, aus der ich gerade gekommen war. Hm.
Ich ging nochmal zu seinem Zimmer, klopfte, erhielt wieder keine Antwort und entschloss mich darauf hin, einfach mal zu warten. Inzwischen kam der Hiwi kurz auf den Gang, fragte mich, ob ich ihn immer noch nicht gefunden hätte und konnte nach meinem Nein auch keine ergiebige Lösung finden. Ich wartete weiter.
Nach ungefähr zehn Minuten, in denen ich mehr oder weniger interessiert die Karte des antiken Griechenlands nach kuriosen Städtenamen durchsucht hatte, öffnete sich am Anfang des Ganges eine Tür und der gesuchte Dozent kam mit weit gespreitzten Fingern in meine Richtung.
Ich grüßte ihn und erklärte, dass ich lediglich meine Hausarbeit abholen wolle. Er sah mich kurz an - ich bemerkte den Krümel in seinem linken Mundwinkel und musste mich beherrschen, ihn nicht wegzuwischen; gleichzeitig fühlte ich mich an einen ehemaligen Lehrer erinnert, bei dem das durchaus auch schon mal vorkam - dann sagte er "Nero
Nachdem er sich kurz entfernt und seine Hände gewaschen hatte (auch der Krümel war weg), schloss er sein Büro auf, nahm einen Stapel Schnellhefter aus dem untersten Fach eines Regales und begann zu suchen.
Zuerst gab er mir nach einem kurzen Kontrollblick auf den beiliegenden Schein den kurzen Text zur Kelten-Übung zurück. 2,0 - nicht schlecht.
Er kramte weiter und fand schließlich den Klemmordner mit meiner Arbeit. Auch hier las er sich den Schein noch mal in aller Ruhe durch und sagte dann etwas, was mich innerlich spontan einen Handstand machen ließ (was mir im Gymnasium nie gelungen war, selbst nach verordnetem Einzeltraining auf einer Matte in einer Ecke der Turnhalle...aber das ist eine andere Geschichte).
"Oh, 1,3! Schön."
Moment, Moment, Moment!
Eins-komma-drei?
Das war meine erste Hausarbeit an der Uni, meine allererste, und ich habe eine Eins-komma-drei!
"Wahnsinn..." war das einzige Wort, das mir dazu einfiel. Ich bedankte mich und er meinte auch noch, dass ich mir das ja verdient habe.
Ich verabschiedete mich, er wünschte mir weiterhin alles Gute und ich verließ das Büro.
Auf dem Weg zu meinem Fahrrad sah ich immer wieder auf die Note und mit jeder Sekunde, in der ich die Arbeit länger in Händen hielt, stieg die riesige Freude in mir, dass ich das ganz alleine geschafft hatte.
Es war ein Seminar in dem ich niemanden kannte. Mein erstes Proseminar in Geschichte. Mein zweites Semester.
Toll.
Und es ist die erste Arbeit seit langer langer Zeit, über deren Ergebnis ich mich richtig freue.
Nicht mal die Englisch-Noten in der Kollegstufe, die ja nun nicht die schlechtesten waren, haben so eine Freude bei mir ausgelöst.
Wie sagt ein geliebter Mensch immer so schön:
Ich könnte quietschen vor Glück!