Man sagt ja, dass man manche Dinge erst zu schätzen weiß, wenn man sie nicht mehr hat oder man sie nach langer Zeit wieder hat.
Bei einer Sache allerdings, kann ich nicht sagen, dass ich mich freue, dass es wieder so weit ist.
Schnupfen.
An meinen letzten kann ich mich gar nicht erinnern, ist also schon etwas länger her. Aber jetzt hat er mich wieder erwischt und ich bin kein bisschen amused. Denn wer freut sich schon, wenn er nachts immer wieder aufwacht, weil die Gefahr zu ersticken einen aus dem Schlaf reißt. Oder wenn man das Gefühl hat, dass der Kopf in einem Schraubstock klemmt und irgendwer ständig daran dreht. Nein, das ist wirklich nichts Angenehmes.
Andererseits kann ich mir jetzt ein Schild umhängen mit der Aufschrift: Konjunkturspritze. Denn in den letzten zweieinhalb Tagen habe ich so viele Taschentücher verbraucht, wie im ganzen letzten halben Jahr nicht. Wenn also die „Faceletto“-Industrie einen unerwarteten boom erlebt, dann liegt das an mir und meiner Marathon laufenden Nase.
Wirtschaftlich gesehen sind wir ein echtes Dreamteam.
Ein Nachteil ist allerdings nicht zu verleugnen: mein Geschmackssinn hat sich verabschiedet. Mir würden im Moment wahrscheinlich auch Dinge schmecken, um die ich sonst einen großen Bogen mache. Für einen Genießer wie mich ist das natürlich eine nicht gerade eine schöne Situation.
Aber was will man machen.
Mit Medikamenten geh ich jedenfalls nicht dagegen vor. Mir hat der Versuch mit dem Kindernasenspray schon gereicht. Ich dachte wirklich, dass es mir die Nase wegätzt. Glücklicherweise war dem nicht so.
Es gibt immer wieder Momente, die mich kurz innehalten lassen.
Als ich vorhin in der Mittelaltervorlesung saß und kurz vorm Verzweifeln war, ob der Sprechgeschwindigkeit des Dozenten, fing mein Handy an zu vibrieren.
Ein Anruf einer Person mit mir und meinem Handy unbekannter Nummer. Ich drückte auf „besetzt“ und wartete bis zur Pause. Da las ich dann, dass meine Mailbox eine Nachricht für mich bereithält. Ich rufe also an und warte voller Spannung.
Es ist mein Dozent der Kelten-Übung. Er hat nur angerufen, um mir zu sagen, dass die Übung heute Abend nicht stattfindet. Er hofft, dass es, weil so kurzfristig, noch nicht zu spät ist und ich die Mitteilung rechtzeitig bekomme.
Wow.
Ich war einen Moment lang ziemlich baff. Danach fand ich es einfach nur noch unglaublich nett von ihm, dass er seinen Leuten so gut es geht Bescheid gibt, wenn eine Sitzung mal ausfällt.
Es gibt also doch noch nette Menschen.
Nicht, dass ich noch keine kennen gelernt hätte, aber die lassen sich an zwei Händen abzählen, sind damit eher rar.
Was mache ich nun mit dem angebrochenen Abend?
Gut, ich habe einer Mitbewohnerin versprochen, mit ihr die Horror-Serie zu kucken. Das steht fest.
Und vorher?
Vielleicht werde ich das Theaterstück lesen, dass als Hausaufgabe für diese Woche auf dem Plan steht. Catharina von Georgien. Gryphius. Mal sehen, ob es da auch so tolle „Zeichen“ gibt, die man stundenlang zerreden kann, wie zuletzt bei Aristophanes und dem Mantel und der brennenden Denkerbude des Sokrates…
Ich bin gespannt. (Das war eine ironisch gemeinte Äußerung! Meine Spannung ist vergleichbar mit der Vorfreude auf eine Wurzelbehandlung oder eine Mathematikabfrage an der Tafel…)
Wahrscheinlich werde ich doch wieder der Musik frönen. Schließlich muss ich die Gelegenheit nutzen, dass meine Stimme wegen des Schnupfens angenehmer als sonst klingt. Warum kann das nicht so bleiben und der Schnupfen verschwinden? – Nun ja, man kann nicht alles haben…
Eventuell lese ich noch in der Nero-Biografie weiter, die wirklich amüsante Details über den Kaiser eröffnet. Zum Beispiel ist ja vielen bekannt, dass er den schönen Künsten und damit auch der Schauspielerei zugeneigt war. Den ersten Kracher brachte er, als er bei seinem ersten Auftritt was spielte? – Genau, eine Frau. Bei weiteren Auftritten folgten eine in den Wehen liegende Schwangere, der rasende Herkules, den er so überzeugend gespielt haben soll, dass ein Mann seiner Leibgarde ihm zu Hilfe eilen wollte, als man den Herkules in Ketten legte, weil er dachte, es sei ein Angriff auf den Kaiser, und den Vogel schoss er ab, als er Orestes den Muttermörder zum Besten gab. Wie passend.
Ja, er war wirklich ein wenig geltungssüchtig.
Wobei ich mir sicher bin, dass es auch heute noch für ziemliche Unruhen sorgen würde, wenn Frau Merkel auf einmal im Münchner Staatstheater als einer der Physiker Dürrenmatts auftreten würde. Nicht auszudenken…
(…aber lustig vorzustellen..)
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