Es gibt Momente, in denen einem sein ganzes Leben plötzlich klar wird. Man ist sich für Sekundenbruchteile bewusst, was läuft. Das eigene Verhältnis zu anderen, zu seiner Umwelt, zu bestimmten Leuten, zu sich selbst, das eigene Ich im großen und ganzen konzentriert sich vor dem inneren Auge zu einem Satz. Und dieser eine Satz ist in einer Sprache verfasst, die man selbst nicht beherrscht, man kann sie nicht sprechen oder schreiben, man kann sie nur verstehen. Nur mit dem Herzen. Mit dem, was gemeinhin als Seele bezeichnet wird.
Dann wird man für diesen kurzen Augenblick von einem einzigen Gefühl beherrscht, das einen durchströmt und es fließt von den Enden des Körpers zum Herz hin. In der Mitte der Brust fühlt es sich an, als ziehe sich alles in ein unsichtbares Loch zurück, man selbst verschwindet in einem Vakuum und kann niemandem erklären, was eigentlich geschieht. Man weiß nur eines: Für einen minimalen Zeitraum begreift man alles.
Aber man kann diese paar Sekunden nicht festhalten, man kann sie nicht ausdehnen und versuchen, sie zu hinterfragen. Sie gehen noch schneller, als sie gekommen sind und lassen einen wissend nickend zurück und man denkt sich "Genau".
Man kann dieses Etwas nicht kontrollieren, bestimmen, wann es kommt und wann es wieder geht, es passiert einfach so. Für einen kurzen Moment ist man der klügste, einfühlsamste, verständnisvollste und gleichzeitig einsamste Mensch der Welt, weil man das, was man gerade erfährt, nicht mitteilen kann, man kann es eigentlich nicht in Worte fassen und das hier ist auch nur ein stümperhafter Versuch eine Umschreibung zu finden.
Leider ist es meist nur das Negative, was einem deutlich gemacht wird. Alle Fehler und Fehlschaltungen, alle Missverständnisse und jedes noch so kleine Unglück leuchtet vor einem auf.
Als sei man in einem Kinosessel festgeschnallt, kann man nicht wegkucken. Irgendwer deutet auf DIE Stelle im eigenen Leben, erwischt zielsicher DEN Punkt, der einen im Grunde am meisten bewegt oder regungslos, oft einfach nur hilflos sein lässt, den man aber die ganze Zeit immer wieder verdrängt, man verschließt jedes Mal die Augen, hält sie sich zu, wie ein kleines Kind und ruft unsicher "Ich seh dich nicht", dabei weiß man doch, dass es das gibt.
Wenn einen dann aber so ein Moment eiskalt erwischt, gibt es keine Chance, nicht hinzusehen. So sehr man die Augen auch verschließt, das Bild wird nur deutlicher.
In den paar Sekunden lebt man sein eigenes Leben doppelt: von außen und von innen.
Dann starrt man äußerlich ins Leere und beendet den Kurztripp mit einem Seufzer, der tiefer nicht sein könnte...
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