Montag, 21. Dezember 2009

Wer sein Leben liebt, der schiebt.

Oder er bleibt gleich daheim. Das gilt im Moment für alle, die in der selbst ernannten Fahrradstadt Erlangen unterwegs sind. Denn von den Hauptverkehrsstraßen einmal abgesehen, sind weder Straßen noch Gehwege wirklich geräumt oder wenigstens so präpariert, dass man gefahrlos darauf fahren oder gehen kann. Gleiches gilt natürlich für die Radwege.
Einigermaßen erholt von der gestrigen zweistündigen Wanderung durch den Sebalder Reichswald und zumindest kleidungstechnisch voll ausgerüstet machte ich mich um Viertel vor Zehn auf den Weg zur Uni. Mit dem Rad.
Dass ich nun hier am Schreibtisch sitzen und die Geschichte erzählen kann beweist, dass ich den Tag überstanden habe, ohne mir größeren Schaden zugezogen zu haben. Allerdings verdanke ich das nur dem, was man allgemein gesunden Menschenverstand nennt. Denn irgendwann sah auch ich ein, dass es nicht nur für die anderen Verkehrsteilnehmer eine nicht einzuschätzende Gefahr wäre, führe ich weiter auf meinem Drahtesel über schneebedeckte Eisplatten, Matschhaufen, unkenntlich zugeschneite Bordsteinkanten und kaum merkliche Bodenwellen, die derzeit allesamt ein übermäßiges Potenzial in sich tragen, Auslöser großer Auftritte zu sein.
Ich erreichte die Uni unverletzt. Meine folgenden Wege legte ich jedoch überwiegend zu Fuß zurück.
Es ist jedoch mehr als erstaunlich, dass gerade ältere Menschen zu der Gruppe von Radfahrern gehören, die auch dann noch auf den Straßen unterwegs sind, wenn ringsum sämtliche Flughäfen, Eisenbahnen, Pkw und Räumfahrzeuge den Geist aufgeben und vor der Natur kapitulieren.
Von den Radfahrern, die ich heute gesehen habe und die auch wirklich Rad fuhren, waren etwa achtzig Prozent ganz locker im Rentenalter oder drüber. Wie kommt das?
Den gesamten Nachmittag beschäftigte ich mich mit dieser Frage und schließlich erwies sich in meinen Augen nur eine Lösung als wirklich glaubhaft:
Während meiner Fahrt hatte ich festgestellt, dass es nicht möglich war, den Lenker gerade zu halten, da man das ständige Wegrutschen und Abgleiten ausgleichen musste. Diese ungewohnte zusätzliche Bewegung nach links und rechts sorgte für noch mehr Unsicherheit.
Bei älteren Menschen scheint diese kein Problem zu sein. Und genau darin liegt die Lösung, das ist des Pudels Kern, um einmal literarisch zu werden:
Wer ordentlich zittert, bleibt im Sattel.
Alte und ältere Menschen sind im Grunde an das Zittern gewöhnt und können sich so ganz natürlich an die Ansprüche des winterlichen Radfahrens anpassen.
Den Gedanken, ab jetzt nur noch vergleichsweise leicht bekleidet zu fahren, verwarf ich sofort nachdem mich mein Gedächtnis an den gestrigen Tag erinnert hatte.
Der Wald ist etwa zehn Gehminuten von der Wohnung entfernt. Ideal also, um ab und zu einen kleinen Spaziergang zu machen. Das war auch gestern mein Ziel. Ich wollte vielleicht für eine gute Stunde an der frischen Luft sein und das Winterwetter genießen.
Dass daraus zwei Stunden wurden und ich am Ende nachvollziehen konnte, wie man sich nach zu vielen Botox-Behandlungen fühlt, aufgrund derer man keine Mimik mehr besitzt, lag daran, dass ich die Entfernung meines eigentlichen Ziels vollkommen unterschätzt hatte.
Letztendlich war ich noch zwei Kilometer von der Stadtgrenze Erlangens entfernt, als es bereits so dunkel geworden war, dass ich sicher nichts mehr gesehen hätte, hätte mich nicht der Rückweg an der Bundesstraße entlanggeführt.
Von der Kälte bereits soweit bearbeitet, dass ich den Eindruck hatte, zwischen meinen Füßen und meinem Rumpf befände sich nichts, stapfte ich immer weiter. Zur Sicherheit sah ich mich häufiger um; mir war schon etwas mulmig, da mir seit knapp einer Stunde niemand mehr begegnet war und ich von den vorbeirauschenden Autos auch nur die Lichter sah. Irgendwann musste ich angefangen haben, vor mich hin zu singen, denn ich ertappte mich plötzlich beim altbekannten Kirchenlied „Großer Gott wir loben Dich“, dessen Text mir nur fragmentarisch zur Verfügung steht, was dazu führte, dass ich immer wieder die gleichen Stellen sang. Um nicht vollends ins Nirvana abzuschweifen, wechselte ich die Platte und begann sämtliche Weihnachtslieder an- oder durchzusingen, die mir geläufig sind.
Als ich meinen Ausgangspunkt dann doch wieder erreicht hatte, wurde mir klar, dass ich noch nie so sehr darauf gehofft hatte, die Leuchttafel des örtlichen Baumarktes zu sehen. Ich war wieder zu Hause. Zurück in der Zivilisation.
In der Wohnung angekommen kam mir eine Idee, deren Folgen ich zu diesem Zeitpunkt nicht absehen konnte. Ich wollte schön heiß duschen. Nicht lauwarm oder warm, nein, heiß. Gesagt, getan.
Langsam und vorsichtig machte ich die Augen wieder auf.
Ich fror.
Irgendetwas nasses lag unter mir. Meine Haare. Die Bettdecke. Ein Kopfkissen.
Mir wurde nur schleppend bewusst, was sich zwischen jetzt und dem Griff nach dem Wasserhahn abgespielt haben mochte.
Mein Kreislauf hatte verrückt gespielt und war mit dem offensichtlich zu starken Kontrast von Kälte und Wärme nicht fertig geworden. Es hatte mit leichten Nackenschmerzen begonnen, sich in schwarzen Punkten vor den Augen fortgesetzt und die letzten Schritte zum Bett musste ich schon in geistiger Umnachtung getan haben, denn erinnern konnte ich mich daran nicht mehr.
Super.
Was ich durch den oben genannten Wechsel des Liedgutes zu verhindern gesucht hatte, war mir nun innerhalb von zwei Minuten unter einer zu heißen Dusche gelungen: Ich hatte mich in fremde Welten katapultiert.
Den Rest des Abends hindurch genoss ich einen Wechsel von normalem Befinden und Schüttelfrost, unterbrochen von kurzem Unwohlsein.
Frohe Weihnachten.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Tauwetter - Schneesturm - Schlumpfines Hände

Ein weiser Mann, der zudem mein Onkel ist, pflegt bei all zu hohen Temperaturen immer zu sagen, dass das "Tauwetter für die Dicken" sei. Klar, der Schweiß fließt in Strömen.
Dank des Klimawandels (angenommen es gibt ihn wirklich) wird es in Zukunft häufiger zu solchen Hitzeperioden kommen, die dafür sorgen, dass Menschen mit "schweren Knochen" schnell ins Hyperventilieren geraten.
Aber zum Glück gibt es ja neben dem Sommer noch Jahreszeiten, die nicht so warm sind. Da kann man dann das, was abgetaut ist, wieder in Form von Plätzchen, Stollen oder den Handelsüblichen Schwarzwälderkirschtorten ersetzen.
Bei mir ist das seit einiger Zeit etwas anders. Ich befinde mich quasi in einer bisher nicht enden wollenden Tauwetterperiode, die - aufs Ganze gesehen - schon nah an eine Kernschmelze herankommt.
Man stelle sich einfach etwa 62 Päckchen Butter vor, die an einem strahlenden Sommertag in der Sonne liegen und gemütlich vor sich hin schmelzen.
Genau diese Menge nämlich hat sich von mir verabschiedet. Einfach so. Ohne mein Zutun. Sie sind weg. *schnipp*
Ich habe meine Masse um ein Drittel reduziert!
Problem: Ich friere wie ein Schneider!
Denn lustigerweise hat sich das Wetter gedacht "Ey, den Herbst kann eh keiner leiden...der kriegt ne mega Abfindung und wir schicken ihn in Rente."
Tja, jetz isser weg. Einfach so. Genau wie mein Drittel. Wahrscheinlich hocken die auf Grancanaria und genießen ihr Dasein.
Und wir?
Wir stapfen an einem 14. Oktober mittags um eins durch einen Graupelsturm, der selbst Reinhold Messner ernsthaft darüber nachdenken lässt, ob er nicht doch sein Sauerstoffgerät auspacken sollte.
Sind wir dann endlich zuhause angekommen, stellen wir fest, dass es im Treppenhaus sogar wärmer ist, als in der eigenen Wohnung. Ergo: Heizung anwerfen.
Gut. Man kann also wenigstens die nächte in der Gewissheit verbringen nicht am nächsten Morgen aufzuwachen und mit Schrecken feststellen zu müssen, dass man für die kommenden Tage auf diverse Glieder verzichten muss, weil sie über Nacht abgefroren sind.
Aber denken wir an die Zukunft: Wie wird dann das, was bisher Winter war? - Wir stellen fest, dass wir lieber nicht darüber nachdenken und machen uns dann doch am nächsten Morgen hochmotiviert auf den Weg zur Arbeit. Mit dem Rad. Bewegung tut gut und außerdem besitzen wir kein Auto - also ich zumindest nicht.
Als wir am Arbeitsplatz ankommen, haben wir das Gefühl, etwas verloren zu haben. Und Tatsächlich: Der Tastsinn in den Fingerspitzen hat sich verabschiedet und als wir genauer hinsehen, leuchten uns - es ist keine Sinnestäuschung - Finger entgegen, die sogar Schlumpfine vor Neid blassblau werden lassen.
Das ist das eindeutige Signal, das uns bisher gefehlt hat: Der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung.
Grund: Er hat kein Winterfell!

Mittwoch, 23. September 2009

"Schützefeß!" die Erste

In südlichen Gefilden eher selten zu finden, in Nordrhein-Westfalen ein Muss für jeden, der nicht auf ewig von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen sein möchte: das Schützenfest.

Fünf Tage, an denen mehr oder weniger gestandene Männer beweisen, dass man selbst beim Übergeben um Viertel nach zwölf Dank der Uniform noch gut aussehen kann; fünf Tage, an denen der Rheinländer von null auf hundert in karneval-verdächtige Stimmung verfällt und an denen Frauen wie Männer ihre Trinkfestigkeit eindeutig zur Schau stellen.

Mir wurde beim diesjährigen Schützenfest in Nettesheim-Butzheim (Rommerskirchen), Kreis Neuss, die Ehre zu Teil, den Höhepunkt der Partystimmung live, in Farbe, Bild und Ton mitzuerleben.
Nach einer fünfstündigen Fahrt am Ort des Geschehens angekommen folgte eine kurze Einweisung in die örtliche Etikette: Wundere dich über nichts, freue dich über alles und kuck dir erst mal was an, bevor du dabei mitmachst! - Wenn man so will, war das das Motto für den gesamten Abend und die darauf folgende Nacht.
Der nicht vollendete Nebensatz "es is ganz gut, dass du ne Hose und keinen Rock an hast, denn die Männer sind ja alle recht gut dabei und da...." versetzte mich nur geringfügig in Panik.
Wir standen vor dem Festzelt, dem Heiligtum, dem Sesam, gefüllt mit Schätzen von unaussprechlichem Wert: vollen Kölsch-Stangen.

Im Zelt selbst war die Stimmung schon kurz vor dem Anschlag und die übrigen Schützenkollegen meines Schützen freuten sich, dass wir - vor allem er - endlich da waren.
Die Musik war...laut, doch, ich denke so könnte man es nennen, wenn man nach fünf Minuten den Eindruck hat, dass die eigenen Trommelfelle im inneren des Kopfes auf halbem Weg zusammenditschen.
Das Motto des Zuges meines Schützen war, passend zum Wahljahr, die JBP. Für nicht Eingeweihte: Jecke Boschte - Partei.
Jecke Boschte nennen sie sich offiziell sowieso. Für das Schützenfest wurde daraus kurzerhand eine Partei gemacht, stilecht mit Wahlplakaten, die im Zelt (und im Klowagen, Abteilung Herren) aushingen, Kugelschreibern, Feuerzeugen und runden Ansteckern mit dem Parteikürzel darauf.
Zur Feier des Tages hatte einer der Jungs Lebensmittelfarbe mitgebracht, die man fröhlich ins Kölsch mischte. Lecker.

Der Höhepunkt des Abends war das Rudern.
Das Vorprogramm bestand daraus, dass die Band schon eine Stunde vor dem eigentlichen Ereignis darauf hinwies.
Als es endlich so weit war, rief das ganze Zelt samt Band rhythmisch und einer drogentrunkenen Sekte gleich "Hin-set-zen! Hin-set-zen!".
Und tatsächlich, wie Jünger eines noch unbekannten Gurus fanden sich etwa dreihundert Frauen und Männer, die sich, auf mehrere 'Boote' verteilt, auf den Zeltboden setzten. Hintereinander, wie in einem Bob.
Ein Piratenlied wurde angestimmt und das nächste Kommando führte zu extase-ähnlichen Zuständen bei den Teilnehmenden und verzückten Gesichtern bei den Zuschauern. Es hieß "Vor! - Zurück!".
Und jetzt wusste ich, warum ich mir eine Sache erst ansehen sollte, bevor ich mitmachte:
Die Matrosen griffen nach links und rechts und zogen bzw. drückten die imaginären Ruder nach hinten und wieder nach vorne.
Diese Nummer dauerte gefühlte zehn Minuten.

Der restliche Abend bestand aus getrunkenem Kölsch (nicht von mir), verschüttetem Kölsch, hochgehaltenem Kölsch, herunter fallendem Kölsch und dem Kölsch, dass sich auf den Weg in die Butzheimer Unterwelt machte.
Natürlich gab es noch andere, phantasievollere Getränke: Limo-lustig, Schwatte, Brunge, Rote-Kiste. (Den jeweiligen Inhalt lasse man sich bitte von einem Kenner erklären.)
Ich blieb bei Cola und Wasser.

Um mich herum befanden sich geschätzte 500 Menschen lachten, sangen, kreischten, brüllten und tanzten. Oder versuchten es wenigstens.
Dabei gab es keine Altersbegrenzung.
Ein besonders schrilles Kreischen lenkte meinen Blick hinter mich zur gegenüber liegenden Seite des Zeltes.
Dort stand auf einer Bank ein etwa sechzigjähriger Mann, dessen gesamtes Körperfett sich in der Mitte seines Rumpfes, vorne, angesammelt zu haben schien. Der Kopf leuchtete vor dem weißen Hintergrund (Zeltplane) und wurde von einem weißen Ring bekränzt, seine Arme reckte er von sich und wippte um möglichst erotisches Aussehen bemüht in den Knien.
Manchmal frage ich mich, ob die Natur aus reinem Sadismus den Sehsinn erschaffen hat...

Dass auch ich irgendwann auf dem Tisch einer Biergartengarnitur stand, war unvermeidbar gewesen. Aber zu meiner großen Überraschung hatte es Spaß gemacht und mir wurde wiedereinmal bewusst, dass es eben nicht so ist, dass mich alle anstarren und sich denken:
Was auch immer sie da tut, stoppt sie, bevor ich mich übergebe.
Als wir gingen, war es ungefähr drei Uhr.

Der nächste Morgen stand nach dem von mir ausgelassenen Gottesdienst die Parade mit Regimentsabnahme.
Zum ersten Mal sah ich meinen Schützen in Uniform an mir vorbei marschieren. Mit ihm die Jecke Boschte samt obligatorischem Blumenhorn.
Ein wenig stolz und gleichzeitig gerührt war ich da schon. Die ganze Zeremonie hatte etwas würdevolles.

Dass wir nach dem Frühschoppen und dem Mittagessen wieder fahren mussten, fand ich dann sogar sehr sehr schade.
Nie hätte ich, die ich große Menschenmengen auf Volksfesten, in Diskotheken, Clubs oder sonstigen Veranstaltungen eher meide, gedacht, dass mir das Schützenfest so gefällt.

Das nächste Fest kann kommen,
ich werde da sein!

Montag, 31. August 2009

Ein Tag im Wunderland - eine Windelwoche - eine Schreibtischhoffnung

Der Tag im Wunderland war vor etwa zwei Wochen und ich verbrachte ihn mit Freund und dessen Nichte und Neffen im Playmobil-FunPark in Zirndorf bei Fürth.

Dass das das absolute Paradies nicht nur für Kinder ist, war uns schon bei einem ersten Besuch im Winter letzten Jahres aufgefallen. Zwar konnte man da nur den Laden betreten, aber allein das war schon überwältigend.
Ganz nah an der Quelle. Am Ursprungsort so vieler Indianer-Cowboy-Jagden, Ritterburg-Geschichten und Puppenhaus-Episoden.

In Gegenwart all dieser sogenannten "Sets" konnte einem schwindelig werden vor Glückseligkeit...
So viele Erinnerungen an stundenlange Exkursionen in nie gesehene Phantasiewelten kamen wieder auf.

Und vor zwei Wochen konnten wir endlich den eigentlichen Park betreten.
Neun Stunden lang waren wir Piraten, Ritter, Burgfräulein, Indianer, Cowboys, Goldsucher (mit Erfolg!), Abenteurer und Baggerfahrer.
Wir waren auf einer Burg, einem Piratenschiff, im Urwald, in einer Westernstadt, auf dem Bauernhof und auf dem Bau.

Es gab Pommes mit Ketchup und Limo dazu.
Die Sonne schien bei geschätzten 28 Grad und ein Ende des Ausfluges war weder erwünscht, noch in Sicht.
Nicht nur die Kinder, sondern auch die "Wochenend-Eltern" hatten ihren Spaß!

Dass ich auf meine Sarkasmus-Kosten kommen würde, war mir klar, als die ersten Kind-sucht-Eltern-, bzw. Eltern-suchen-Kind-Durchsagen durch den Park schallten.
Wer demnächst Eltern wird und noch keinen Namen für den Neuankömmling hat, sollte sich einfach mal ein oder zwei Stunden in den Park setzen und nur zuhören. Stift und Zettel wären praktisch, um eine Liste der Namen anzulegen, die auf keinen Fall in Frage kommen.

WARNUNG:
Sollte jemand (wie wir) in seinem Alltag eher wenig bis nichts mit Kindern zu tun haben und ihnen auch recht selten in großer Zahl begegnen, sei diesem Menschen gesagt, dass er nach einem Tag im Playmobil-Paradies NUR NOCH Kinder sehen wird. Denn die Erwachsenen sind eindeutig in der Unterzahl.
Man darf sich auf keinen Fall während eines Aufenthaltes im Park die Folgen einer Vereinigung und anschließenden Revolution der anwesenden Kinder ausmalen. - Ein Nervenzusammenbruch wäre garantiert!

Aber als Resümee bleibt mir zu sagen:
Es war einfach nur schön!


Die Windelwoche
Ferienbetreuung einer Kindergartengruppe für fünf Tage stand in der letzten Woche auf meinem Plan.
Es waren zwischen sechs und sieben Kinder, die zwischen drei und sechs Jahren alt waren.
Seit meinem Seniorenheim-Praktikum habe ich nicht mehr so viele Windeln gewechselt, gefüttert und vorgelesen.
Bei einem solchen Job wird einem erst bewusst, wie unterschiedlich Kinder sein können.
Es gibt die, die keine Angst vor nichts und niemandem haben. Dann das genaue Gegenteil davon.
Es gibt die, die alles wissen und können und noch dazu besser als der Rest, wie sie glauben...
Dann sind da die zurückhaltenden Kinder, die sich bespaßen lassen und auch mal alleine ein Puzzle machen.

Aufgefallen ist mir besonders, wie sehr die beschriebenen Eigenschaften von den Eltern abhängig sind. Denn so, wie sie mit den Kindern, ihren Bekannten, Freunden, Verwandten oder Fremden umgehen, so verhalten sich auch ihre Kinder anderen gegenüber.
Auch wenn es hart klingt, aber sogar eine leise angedeutete Spur von Fremdenangst und Abwertung Ausländern gegenüber konnte ich an diesen fünf Tagen lebhaft mitverfolgen.
Das gibt einem wirklich zu denken!

Sehr bedrückend finde ich, dass es Kinder gibt, die in jeden Ferien die komplette Betreuungszeit über und ganztags bei "uns" abgegeben werden. Sechs Wochen im Sommer, dann Pfingsten und Ostern.
Dass man nicht immer mehrere Wochen von seinem Arbeitgeber frei bekommt, ist mir auch klar, aber eine Woche muss doch irgendwie drin sein?...
Auffallend ist, dass gerade diese Kinder zu den eher "schwierigen" Gästen der Feriengruppe zählen. Sie brauchen häufig einen Betreuer für sich alleine und tuen sich schwer damit, mit anderen zu spielen oder sich auf andere einzulassen.

Nächste Woche geht es mit den Grundschülern weiter. Wieder fünf Tage. Wohl wieder ganztags.
Aber einige Kinder kennen mich noch und haben mir schon berichtet, dass sie sich auf unsere gemeinsame Woche freuen. Sogar eine Mutter meinte das zu mir.
Das baut auf und gibt irgendwie ein bisschen Selbstbewusstsein.
So ein bisschen ...


Die Schreibtischhoffnung...
...lässt sich zweifach verstehen.
a) In etwa drei Wochen werde ich stolze Besitzerin eines Schreibtisches sein. Eines EIGENEN! Denn seit dem Ende meiner WG-Zeit habe ich keinen Schreibtisch mehr.
Aber bald ist es so weit und ich kann meinen Kram auch wieder einfach mal liegen lassen, ohne ihn fürs Abendessen wieder wegpacken zu müssen. - Schööööön!

b) Es sind noch drei von vier Hausarbeiten zu schreiben. Die Schreibtischhoffnung bezieht sich hier auf die nötige Inspiration und Ideenvielfalt! Hoffentlich fällt mir genug ein, um die geforderte Seitenzahl zu erfüllen, möglichst sinnvoll!
Aber nächstes Semester wird es besser.
Da sind es dann nur drei Hausarbeiten.
Nur Hauptseminare...

Freitag, 10. Juli 2009

Und auf einmal ist alles schwarz.

Es läuft Wochen und Monate gut.
Die Prüfungen bestehe ich alle mit guten Ergebnissen. Ich gebe plötzlich Nachhilfe und habe dabei nicht den Eindruck, dass es meinen zwei Schülerinnen damit schlecht geht.
Die Beziehung läuft prima und das Wetter sieht immer mehr nach Sommer aus.
Aber irgendwann ist es wieder da. Das Gefühl, das alles nicht verdient zu haben, nicht gut genug dafür zu sein.
Immer tiefer verstricke ich mich in den Gedanken, dass ich nicht mehr leben sollte. Es bringt alles nichts. Ich weiß mit mir nichts anzufangen.
War das Studium die richtige Wahl? - Nein.
Aber was sonst? - Keine Ahnung, ich kann ja nichts.
Ich habe vor allem Angst.
Vor dem nächsten Tag.
Vor der Nacht.
Vor dem Alleinesein.
Vor dem Nicht-Alleinesein.
Aber am meisten vor mir selbst. Ich bin vor mir nicht mehr sicher.
Lange Zeit habe ich mal mit dem Gedanken gespielt, mich als Babysitterin zu melden.
Das kann ich erst mal knicken.
Denn im Moment muss ich 24 Stunden lang auf mich selbst aufpassen. Darauf achten, keinen Blödsinn zu machen.
Und ganz besonders: Keinen Blödsinn zu denken.
Denn allein die Gedanken sind schon heftig.
Sie führen zu Schweißausbrüchen, ständigem Zittern und endloser Verzweiflung.
Die Sehnsucht nach einer längst vergangenen Zeit kommt wieder hoch, von der ich mir immer gewünscht habe, dass sie nie enden würde. Aber im Sommer 2006 war meine Schulzeit beendet. Das Abi war geschafft und die Abschiedsfeier vorbei.
Was jetzt?
Jetzt habe ich kein Ziel mehr, keine Aufgabe. Ich gehöre nirgendwo mehr hin. Bin heimatlos. Verloren.
Ich falle nur noch.
Es folgten fast sechs Monate Klapse, dann ein knappes Jahr Therapie und viele Pillen.
Langsam keimte das Gefühl, dass ich es vielleicht tatsächlich wieder ohne Chemie schaffen könnte.
Am Montag dieser Woche war es soweit.
Der erste Tag ohne Pillen. Keine einzige mehr. Natürlich alles abgesprochen.
Ich erlebte sechs Stunden lang, wie es ist, ein chemiefreies Leben zu führen.
Dann kamen die Entzugserscheinungen.
Übelkeit. Schwindel. Kopfschmerzen. Orientierungslosigkeit. Konzentrationsstörungen.
Und das Schlimmste: Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.
Sie waren wieder da, die für mich einst so felsenfest stehenden Fakten, dass ich es nicht wert bin, zu leben. Dass ich nur eine Last bin. Dass ich nur einen Platz blockiere, der eigentlich für einen besseren Menschen gedacht war.
Bis Dienstag konnte ich mich noch zusammenreißen. Abends ging gar nichts mehr.
Ich fuhr in die Notaufnahme. Hätte ich das nicht getan, könnte man diesen Text hier nicht lesen.

Jetzt nehm ich wieder Pillen.
Langsam verschwindet die Übelkeit, der Schwindel ist weg und der Schmerz im Schädel wird blasser.
Aber die Gedanken sitzen hinter der Mauer aus Chemie und warten grinsend darauf, dass sie wieder abgebaut wird.
Sie sitzen da. Und ich weiß es.
Ich weiß es, weil ich sie hören kann.
Die Angst haben sie mir gelassen, die lehnt sich locker an die Mauer und scheißt auf die Chemie.
Es ist die Angst vor dem Leben.
Nicht vor meinem Leben.
Vor dem Leben überhaupt.

Was jetzt...
War alles umsonst?
Im Moment sieht es so aus.
Für andere Meinungen sind meine Ohren zumindest offen. Ob mein Herz (wie melodramatisch) das versteht, weiß ich nicht.
Und ob es einen Versuch wert ist...wer weiß...

Donnerstag, 14. Mai 2009

Wie Frauen Glück definieren

Der Zustand, der allgemein als Glück bezeichnet wird, ist für jeden Menschen anders definierbar. Für den einen ist es ein kühles Bier auf dem Bierkeller seiner Wahl, für den anderen ein schickes Auto, der nächste fühlt sich im Glück, wenn er verliebt ist und wieder ein anderer sieht sein Glück in dem sicheren Arbeitsplatz, den er sein Eigen nennen kann.

Was für mich (u.a.) Glück ist, habe ich letzte Woche feststellen dürfen.
Seit langer Zeit quälte mich das Gefühl, dass ich mich zwar körperlich durchaus verändert habe, also rein massetechnisch, dass sich aber an meinem Äußeren kleidungstechnisch nichts getan hat. Ich bin immer noch der Hosen-Typ, wohl gemerkt lange Hosen. Auch im Sommer. In meinem Schrank befinden sich zwei Hosen, die ich abwechselnd trage. Eine Schwarze aus Stoff und eine Braune aus Cord mit Schlag. Die potentielle Dritte kann ich nicht mehr anziehen, weil sich aufgrund meiner geringeren Masse und Maße lästige Falten bilden, wenn ich sie mit einem nun notwendigen Gürtel vor dem Herabrutschen schützen möchte.
Etwas wirklich Weibliches wird sich in meinem Kleiderschrank nicht so leicht finden (das Ballkleid ausgenommen). Dieser Zustand muss sich ändern!
Zwei Wochen lang geisterte mir die Frage durch den Kopf, ob ich es mir vom Aussehen her leisten könnte, einen Rock zu tragen.
Dass mein Pessimisten-Hirn mir nur Argumente aufzeigen würde, die dagegen sprechen, war mir bewusst. Daher blendete ich fünfzig Prozent davon schon mal aus.
Und letztlich waren die anderen fünfzig nicht mehr stark genug, um die wenigen positiven Argumente zu übertreffen.
Am Freitag machte ich mich nach der Uni daran, mir zum ersten Mal in meinem gesamten Leben als biologisch weibliches Wesen selbst einen Rock zu kaufen.
Das Kuriose an der ganzen Sache: Irgendwer, schien meine Gedanken gelesen zu haben und aus sämtlichen Läden, die ich unsicher aber doch gezielt ansteuerte, alle vorhandenen Röcke in ein mir unbekanntes Lagerhaus am Rande der Stadt zu bringen.
Ich fand einfach keine. - Zumindest keine, bei denen man sich nicht schon beim Betrachten überlegen musste, was die anderen Menschen denken werden, wenn man vor ihnen läuft und sie sich den ganz persönlichen Grand Canyon = Hintern in aller Ruhe genau ansehen können, weil der Stoff seine eigentliche Aufgabe, nämlich etwas zu verhüllen, aufgrund der geringen Dichte nicht erfüllen kann.
Dann gab es noch die etwas zu breit geratenen Gürtel, die den Namen Rock nun wirklich nicht verdient haben, weil sie bündig mit dem der Erde am nähsten liegenden Punkt der Unterhose (falls denn vorhanden) abschließen.
Für mich blieben nur drei Modelle. Immerhin.
Modell a) Der Jeansrock:
Eine steife, schwere, tonnenförmige Röhre, die jeden, der sich hinein wagt, wie einen ganzen Ballen Jeansstoff aussehen lässt, der aus den 70er bzw. 80er Jahren herüber gerollt ist.
Modell b) Der zu groß geratene Stoffrest:
Ein rechteckig geformtes Stück Stoff, das üppig dimensionierten Frauen gerne mal als total figurfreundlich, ja, in "ihrem besonderen Fall nahezu schmeichelnd" die offensichtlich überflüssigen Pfunde umspielen soll. - Das Muster soll nicht näher beschrieben werden, das wäre zu viel der Ehre.
Modell c) Der sportliche Sommerrock:
Weiß, knapp unterhalb des Knies mit einer modischen Naht abschließend und mit sportlichen Taschen vorne, hing er in der hintersten Ecke des Ladens in diversen Größen an einem Kleiderständer. Zu einem Schattendasein verbannt, obwohl gerade richtig. Und zu meiner Freude in einem nicht-deutschen Größenmaß ausgezeichnet, so dass ich nun von mir behaupten kann, dass ich Größe 36 trage! Und das am ARSCH! - Um es mal deutlich zu machen...

Wofür ich mich letztlich entschieden habe, dürfte jedem klar geworden sein.
Ich fühlte mich glücklich wie lange nicht mehr beim Klamottenkauf.
Das Beste: Der Rock steht mir sogar und ich trage ihn gerne.
Die vom Ekel des Anblicks erschrockenen Gesichter derer, die mir entgegen kamen, blieben aus. Niemand wandte sich dezent dem nächsten Buchsbaum zu, um sich darin oral zu entleeren.
Auch die Kinder in der Fußgängerzone liefen nicht schreiend davon oder versteckten sich hinter Mamis Model-Beinen, weil sie befürchteten, der Marshmallow-Mann aus Ghost-Busters wäre auferstanden.
Es war ein ganz normaler Gang durch die Innenstadt.
Und mir ging es gut.

Donnerstag, 9. April 2009

Faultier auf Rekordjagd

Was passiert, wenn man Frühlingswetter, Frühlingsgefühle und Speckröllchen kombiniert?
Man kommt auf vermeintlich super tolle Ideen, die sich später als komplett verrückt entpuppen.

So geschehen am letzten Wochenende.

Ein Blick in den Spiegel und danach auf die Anzeige der Waage waren der Anfang. Ich muss etwas tun. Das Zeug muss runter. Du bist zu viel!
Kurz: Ich entschied mich dazu, mich zu reduzieren, rein massemäßig.
Dieser Gedanke verband sich mit der Traumvorstellung, die ich seit ein paar Jahren mit mir herumtrage, dass ich eines Tages mit meinem Partner morgens durch den Wald joggen werde. Ein sportliches Paar, das die Natur genießt! Wunderbar...

Letzten Samstag war es dann also so weit. Ich zog mich im Rahmen meiner Möglichkeiten möglichst "cool und sportlich" an und war schon fast davon überzeugt, dass das schon mal geglückt war, bis ich meinen Freund in seinem schwarzen Laufanzug und mit seinem schwarzen Cappy sah. - Nein, ich bin nicht cool. Und sportlich schon gar nicht.
Wir liefen los.
Prompt überraschte ich mich selbst, denn am Ende unserer Straße (nach etwa 60 Metern) lag ich noch nicht japsend im Rinnstein, in der Hoffnung, dass der Krankenwagen noch rechtzeitig bei mir eintreffen würde.
Ich fühlte mich gut.
Bereits nach 200 Metern bot mein Freund an, dass wir ruhig eine kurze Gehstrecke einlegen könnten und wurde langsamer. - Das juckte mich allerdings kein bisschen. Ich lief weiter.
Durch das Wohngebiet hindurch immer richtung Obi.
Ein Stück des Weges führte an einer riesigen, sandigen Wiese vorbei, die zu einem Naturschutzgebiet gehört. Dort stand kein Baum, kein Strauch, nur eins: die Sonne! Und sie schien gnadenlos ihre gesamte Wärme auf mich zu strahlen.
Ein wenig kam ich mir vor, wie Tom Hanks, der läuft und läuft und läuft und dabei auch durch die Wüste rennt.
Nur stand keiner am Rand und brüllte "Lauf, Stina! Lauf!".
Im Wald angekommen war der nächste Checkpoint, den ich mir gesetzt hatte, das Wildschweingehege.
Eines hatte ich nicht bedacht: Bei so schönem Wetter waren dort nicht nur die Schweine anzutreffen, die sich locker an einem schattigen Baumstamm schubberten und mir höhnisch zuzugrunzen schienen.
Mehrere Familien standen am Zaun des Geheges. Junge, glückliche Paare. Sportlich, schlank und interessiert ein Faultier betrachtend, das gerade versuchte, einen neuen Weltrekord auf die 100 Meter - Strecke aufzustellen. Das Erlebnis des Wochenendes schlecht hin.
Letztendlich habe ich die von mir innerlich festgesetzte Strecke überstanden.
45 Minuten Joggen am Stück ohne vorheriges Training auf unbekannter Strecke waren von mir niedergekämpft worden.

Die Rache kam am Sonntag.
Die Nacht war auf Grund einer Geburtstagsfeier relativ kurz gewesen. - Wenn ich auch bis halb zwölf im Bett gelegen hatte.
Was anderes war allerdings auch kaum möglich. Es war ein ganzer Wurf an Muskelkatern, der mich bei jeder Bewegung an den vorherigen Tag erinnerte.
Trotzdem gingen wir wieder Laufen.
Gleiche Strecke. Diesmal hielt ich allerdings länger durch und war schneller als tags zuvor.

Es fühlte sich jedoch immer noch so an, als würde ich an einem verkaufsoffenen Sonntag nackt durch die Innenstadt laufen und dabei immer wieder Halleluja rufen.
So richtig cool bin ich also immer noch nicht.

Montag, 6. April 2009

Das Ende einer Beziehung

Vor knapp zwei Jahren sah ich ihn zum ersten Mal. Ein sportlicher Typ, der zwar nicht brandneu, aber trotzdem richtig gut aussah.
Nach anfänglichen Zweifeln konnte ich mich letztlich dann doch für ihn entscheiden. Seit Mai 2007 begleitete er mich durch mein Leben. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und er brachte mich immer wieder an meine Grenzen. Egal, ob es regnete, die Sonne schien oder der Schnee rieselte, wir hielten zueinander. Wann immer es die Zeit zuließ, waren wir unterwegs. Wir erkundeten gemeinsam meinen neuen Lebensmittelpunkt, erlebten gute und schlechte Zeiten. Wenn er mal nicht ganz fit war, tat ich alles, um es ihm wieder besser gehen zu lassen.

Leider gibt es Beziehungen, die nicht so verlaufen, wie man es sich vorstellt. Anfangs war es noch sehr ausgeglichen, aber bald bemerkte ich, dass ich sehr viel in uns investierte, während von ihm immer häufiger Forderungen gestellt wurden.
In letzter Zeit wurde es mir dann schließlich zu viel und ich fasste den Entschluss, dass es einfach nicht mehr geht.
Ich habe mich verändert. Er auch. Allerdings in unterschiedliche Richtungen.
Daher ist nun Schluss.
Das Paar "ich und Udo" gibt es nicht mehr.
Udo muss gehen.

An Ostern werde ich mein neues Fahrrad abholen. In der Hoffnung, dass ich nicht so viel Geld in die Instandhaltung stecken muss, wie bei Udo.
Mein blaues Herrenrad geht.
Die Erinnerung bleibt.

PS: Und die Elefantenhupe!

Donnerstag, 26. März 2009

In 100 auf 2,0.

Dass ich bei Prüfungen etwas anders bin, als die meisten, ist mittlerweile bekannt.
Bei meiner Zwischenprüfung in NDL mit dem Hauptthema "Vom Biedermeier bis zum Naturalismus" (eine Vorlesung, zu deren Stoff die Fragen gestellt wurden)war das nicht anders.
Von den zur Verfügung stehenden 240 Minuten benötigte ich knappe 100. Die Zeit für Überarbeitung und "noch mal Durchlesen" ist schon inklusive.
Mit einem ungewohnt guten Gefühl ging ich nach Hause, stellte beim Nachschlagen fest, dass ich eine Antwort auf jeden Fall falsch hatte und entschied mich dafür, nicht länger darüber nachzudenken, was noch alles daneben gegangen sein könnte.
Da auf dem Angabeblatt stand, dass das Ergebnis frühestens nach acht Wochen zu erwarten sei, stellte ich mich auf eine lange Leidenszeit mit viel Grübelei ein.
Das war am 12. Februar.

Gestern bekam ich eine Nachricht von einer Freundin, in der stand, dass die Ergebnisse bereits vorliegen und man sich die Unterlagen im Prüfungsamt abholen kann. Sie habe die Information bekommen, dass diejenigen, die noch keinen Brief von der Uni erhalten hätten, bestanden haben.
Als ich das las, war es halb neun abends. Ich war seit Samstag nicht mehr in meiner alten Wohnung gewesen, wusste also nicht, ob nicht in den paar Tagen dazwischen ein Brief für mich angekommen war.
Dass die Nacht nicht angenehm war, versteht sich von selbst.
Daran konnte auch die Verfilmung von Hemmingways Klassiker "Der alte Mann und das Meer" nichts ändern.
Ich träumte wirres Zeug, starrte stundenlang an die Decke und malte mir sämtliche Möglichkeiten aus, was zu tun sei, da ich mit Sicherheit einen Brief finden würde, in dem stand, dass ich nicht bestanden habe.

Heute morgen fuhr ich mit dem Rad zu meiner Wohnung. Mein Postfach im Treppenhaus war leer, aber das hieß nichts, denn selten holte einer der Mitbewohner die Post aus dem Briefkasten.
Dieser war mein nächstes Ziel. Er war gefüllt. Ich wühlte mich durch den Stapel und fand nur einen Umschlag mit einem bunten Muster und einem aufmunternden "Hej" darauf. Schön, dass sie einem die Niederlage versüßen wollen. Echt nett.
Allerdings sah ich schnell, dass es sich um Post von IKEA handelte.
Hm.
Dann also auf zum Prüfungsamt.
Dort wurde ich von bunten Zetteln an diversen Türen vom einen zum anderen Büro geschickt, bis ich endlich das für mich zuständige Prüfungsamt erreicht hatte.
Dort ging es dann relativ schnell.
Ich zeigte meinen Ausweis vor, die Dame holte einen Hefter aus einem riesigen Aktenschrank, ich fragte kleinlaut, ob ich denn bestanden hätte und sie sagte nur nach kurzem Zögern, das mich in leichte Panik versetzte "Ja. Und sogar richtig gut.".
Damit war dann auch schon alles erledigt.
Ich bekam mein Zeugnis, die von mir eingereichten Scheine, musste noch kurz unterschreiben und war schon wieder aus dem Büro verschwunden.

Herrlich.
Ich habe es also tatsächlich geschafft.
Mit einer annehmbaren 2,0 habe ich die ZP (Fachjargon) bestanden.
Das ist mal wirklich ein guter Tag.

In Metern bitte!

So ein Umzug ist ja durchaus etwas Feines.
Man kommt in eine neue Gegend, lernt neue Menschen kennen, neue Geräusche. Wenn man mit seinem Freund zusammenzieht, hat es noch einen Vorteil: Man ist nun noch mehr zusammen, teilt alles miteinander, gehört komplett zusammen.
Doch vor diesen ganzen Freuden liegt ein großes Aber. Der Umzug.
Bei vielen Dingen ist schnell klar:
Das muss mit!
Die CD-Sammlung auf jeden Fall, die Platten und der Plattenspieler sowieso. Uni-Unterlagen, diverse Leitzordner, Fotos, Bilder, Fotoalben, Musikinstrumente, Schreibkram, Bücher...
Moment. Wo sollen die ganzen Bücher hin. Hm. Naja, so viele sind es ja gar nicht. Würde ich sie alle nebeneinander stellen, käme ich vielleicht auf so...eventuell...pi-mal-Daumen...sieben oder acht Meter. Das ist nicht die Welt. Millionen Menschen besitzen mehr Bücher als ich.
Also ab damit in die Kartons und Stoffbeutel, die noch nicht voll sind und los geht's in die neue Wohnung.
Dort bricht mein Freund erst mal innerlich in einen Schreikrampf aus. Äußerlich macht sich das durch hochgezogene Augenbrauen und ein erstauntes "Oh!" bemerkbar. Ganz klar: Es muss ein neues, nein, zwei neue Regale müssen her. Wohin wir die Stellen ist zunächst egal, hauptsache, sie sind da.
Nachdem wir also mit dem geliehenen Clio losgefahren sind, kommt uns beiden ein schrecklicher Gedanke: Wie bekommen wir ein über zwei Meter hohes Regal in diese Knutschkugel? Das letzte Mal war es ein Passat Kombi!
Zum Umkehren ist es zu spät, da vorne ist schon der IKEA-Parkplatz.
Beim Beladen des Autos erlebten wir allerdings ein Wunder, um es näher zu beschreiben, ein Raumwunder. Denn keiner von uns beiden musste den Rückweg zu Fuß bewältigen. Wir passten prima MIT den Regalen ins Auto und ein Einkauf für's Wochenende hatte auch noch Platz, inklusive einem Kasten Wasser!

Das Aufbauen der Regale war kein Problem. Als eingespieltes Team, meisterten wir diese Aufgabe mit Links.
Die nächste Frage war allerdings: Wie sortiere ich meine Bücher? Nach Autor, Thema, Titel oder Verlag? Auf die Schnelle kam mir dann die Lösung: nach Größe!
Das passte auch wunderbar. Das Regal war komplett ausgefüllt und von der Rückwand war nichts mehr zu sehen.
Die Aufforderung, ich solle doch ruhig auch das große Regal (zwei Meter plus) nutzen, wurde von mir dann wenige Tage später angenommen.
Das bedeutete jedoch auch, dass ich neu sortieren musste. Diesmal jedoch nach meinem altbewährten System:
1. Stufe: deutsch - fremdsprachig
2. Stufe: nach Autor
3. Stufe: innerhalb eines Autors nach Titel
4. Stufe: Bücher, die keinen Autor haben, weil sie Sammlungen sind, stehen zusammen.

Das Ordnen dauerte etwa zwei Stunden, weil ich ab und zu in einem Buch blätterte oder feststellte, dass ich noch einen C-Autor vergessen hatte, mich aber bereits bei K-Autoren befand.
Letztendlich stehen sie nun alle schön sortiert in ihren Regalen und ich bin zufrieden.
Demnächst kommen die CDs dran. Wobei die Hälfte davon immer noch in einem Karton verstaut ist. Grund: Kein Regal...

Donnerstag, 19. Februar 2009

Ich bin kein Gewohnheitstier.

Nacht im Hirn
und Dunkelheit,
die langsam stumm
die Augen füllt.
Stille brüllt
von allen Seiten
prügelnd auf
ihr Opfer ein.
Hände suchen
zitterndblind
nach Halt in
Schwerelosigkeit.
Adern krallen sich
laut flüsternd
an mondbleichen
Knochen fest.


Das fiel mir ein, als ich nach zwei von vier Stunden mit der Zwischenprüfungsklausur fertig war.
Ich saß im Audimax, wartete darauf, dass eine Bekannte mit ihrer Arbeit fertig wurde und starrte Krater in die stickige Luft.

Ja, der Gedanke, dass alle anderen um mich herum noch schrieben und sich teilweise noch neues Papier holten, während ich da saß und etwas auf die Rückseite des Angabenblattes kritzelte, was irgendwie nach Gedicht aussah, machte mir schon ein wenig Sorgen.
Allerdings wusste ich nicht, was ich sonst noch hätte schreiben sollen.
An diese Situation sollte ich mich im Grunde langsam gewöhnt haben, denn es ist schließlich bei jeder Klausur der Fall, dass ich nach etwa der Hälfte der Zeit zum Ende komme, während die restlichen Prüflinge gerade ihre kreative Hochphase erreicht haben. Traurig aber wahr.
Irgendwie scheint bei mir die Verbindung zwischen Hirn und Hand mit einer zweitausender DSL-Leitung vergleichbar zu sein, während die zwischen Hirn und Mund = Sprechwerkzeug noch analog funktioniert.
Für eine zukünftige Lehrerin nicht gerade die besten Voraussetzungen, wie ich finde. Wohl eher für eine Angehörige der schreibenden Zunft.
Mal sehen, wie lange ich meinem bisherigen Weg noch treu bleibe.
(Wie ich mich und meine selbstverfassten Grundsätze kenne, gehe ich bis zum Schluss, um danach zu sagen "So doll is es jetz nich, aber ich mach's halt mal.".)
Aber gut.
Alles ist irgendwann einmal vorbei. Oder um es mit einer bekannten rheinischen Kabarettistin zu sagen:
" Wenn de Mittwoch überlebs, is Donnerstach!"
(Gerburg Jahnke, ehem. Missfits-Mitglied)

In diesem Sinne bereite ich mich jetzt auf die online-Anmeldung heute nacht um null Uhr vor. Psychisch.
Und danach auf den Besuch des Kölner Rosenmontagszuges!
Alaaf!

Es ist, als ob...

Manchmal ist es ja ganz praktisch, dass man jemanden kennt, bei dem man sich für ein Wochenende mal ein kleines Auto borgen kann.
Dann geht man da hin, holt sich den Wagen und macht sich wieder auf den Weg nach Hause. Man ist auf der Autobahn unterwegs und schwankt mit der eigenen Aufmerksamkeit zwischen dem Radiobeitrag und den eigenen Gedanken hin und her.
Man überholt andere und andere überholen einen. Ganz normal. Immer wieder rauschen Autos an einem vorbei, von denen man, wenn man Glück hat, gerade noch die Farbe erkennen kann, weil sie so schnell, wie sie auftauchen auch wieder verschwinden.
Im Radio läuft irgendein Stück Weltmusik.
Wieder düst ein Wagen vorbei.
Zwei Sekunden später läuft alles wie in Zeitlupe:
Der Wagen fünfzig Meter vor mir will die Spur wechseln, blinkt und ist schon mit zwei Reifen auf dem linken Fahrstreifen.
Der vorbeigezischte Wagen nähert sich dem vor mir mit einem Affenzahn, verringert sein Tempo aber nicht.
Der Wagen vor mir will wieder auf seine rechte Spur zurück, reißt das Lenkrad herum, verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug, schießt erst gegen die rechte Leitplanke, dreht sich um seine eigene Achse, donnert dann gegen die Mittelleitplanke und bleibt dann entgegen der Fahrtrichtung auf dem linken Fahrstreifen stehen.
Unter meinem Auto kratzt irgendwas. Der untere Teil der Stoßstange des Unfallwagens, der sich beim Aufprall gelöst hat.
Ich fahre rechts ran. Warnblinkanlage. Durchatmen.
Mit ist nichts passiert. Es ist alles gut.
Aber was ist mit dem Fahrer des anderen Autos?
Im Rückspiegel sehe ich, dass noch ein Wagen gehalten hat.
Ich bin schon mal nicht alleine.
Sehr gut.
Ich gehe ebenfalls zum Unfallwagen.
Dem Fahrer geht's gut. Nur das Auto hat was abbekommen.


Letztlich war alles halb so wild.
Aber diese paar Sekunden, in denen das Auto vor mir auf der Autobahn von rechts nach links getanzt ist, waren sehr extrem.
Erst als ich meine Fahrt fortsetzte, wurde mir langsam bewusst, wieviel Glück ich gerade gehabt hatte.
Es hätte viel mehr passieren können. Dem Mann in dem Auto - und mir auch. Ich fuhr ja nur fünfzig Meter dahinter. Und wir waren beide mit etwa 120 km/h unterwegs. Nicht gerade langsam.

Danach gingen mir die verrücktesten Sachen durch den Kopf.
Was wäre gewesen, wenn dem Mann etwas Schlimmes passiert wäre. Hätte ich ihm wirklich helfen können?
Was, wenn ich nicht so schnell reagiert und auf den Standstreifen gewechselt hätte?
Oder wenn die hinter uns Fahrenden nicht genug Abstand gehalten hätten?

Ich glaube, dass so ein Erlebnis (wenn es auch kein wirklich Schlimmes gewesen ist) die Aufmerksamkeit enorm schärft.
Da wird einem wieder bewusst, wie wichtig der Abstand zu den anderen Fahrzeugen ist, dass man den Schulterblick nicht vergessen sollte und Raserei einen auch nicht schneller ans Ziel bringt.

Ich bin jedenfalls dankbar (wem auch immer), dass keinem etwas passiert ist.
Vergessen werde ich das auf keinen Fall so schnell...

Mittwoch, 28. Januar 2009

Wer nicht spielt, kann nicht gewinnen.

Diesem Motto schließe ich mich heute ein mal an.
Gerade schnappte ich mir meinen Schlüssel, zog die Haustür hinter mir zu und machte mich auf den Weg zum Getränkehändler, um dort den ersten Lottoschein meines Lebens auszufüllen.

Ein komisches Gefühl war es schon, möglichst wild und ohne darüber nachzudenken, welche Zahlen denn gezogen werden könnten, die kleinen Kästchen durchzukreuzen. Ich versuchte immer ein System dahinter zu entdecken, der Maschine ein gewisses gedankliches Konstrukt überzustülpen.
Dabei ist es ja rein mathematisch zwar nicht unmöglich, aber doch unwahrscheinlich, dass gerade ich die Zahlen angekreuzt habe, die heute abend der Reihe nach aus der Maschine fallen werden.

Aber vielleicht wirkt hier der berühmte Herdentrieb, gepaart mit der Gier nach dem großen Geld, den Möglichkeiten, die sich damit verbinden und dem unbestimmten Gefühl, eben doch irgendwann einmal Glück haben zu müssen.

Vor zwei Sekunden meinte eine Hörerin auf Bayern 2, dass alle, die Lotto spielen und ein Abitur besitzen, dieses zurückgeben sollten.
Diese Frau hat meiner Meinung nach eine falsche Ansicht zum Thema Lotto.
Sicher, es gibt Menschen, bei denen es zur Sucht geworden ist und die es wirklich zwanghaft betreiben.
Meiner Meinung nach ist es jedoch in Ordnung, wenn es jemand aus reinem Spaß macht. - Wie ich. Hm. Und das sage ich mit einem verschmitzten Grinsen.

Ich werde heute abend vor dem Empfänger sitzen und abwarten, ob es sich gelohnt hat, die knapp dreißig Euro zu investieren. - Der Schein gilt schließlich noch zwei Wochen, das heißt, wenn es heute abend nicht klappt, kann es ja in den nächsten 14 Tagen klappen.

So long.