Mittwoch, 9. Januar 2008

Von Notfallplänen und Elefanten auf Eis

Stufe 1: Die Gedanken daran einfach ignorieren, nicht hinhören. Es sind kranke, selbst zerstörerische Gedanken, die im Innersten nicht ernst gemeint sind.
Stufe 2: Die Person anrufen, mit der man einen Vertrag abgeschlossen hat, es nicht zu tun.
Stufe 3: Sich ablenken. Dinge tun, die man gerne tut und in denen man sich verlieren kann. In meinem Fall wäre das Singen, Gitarre spielen, Malen oder Aufräumen.
Stufe 4: Das Netzwerk. Ganz wichtig! Menschen, die meine Gedanken kennen und die mich in einer solchen Situation verstehen können. Die für den Extremfall auch die Befugnis haben, mich in die Ambulanz zu bringen.
Stufe 5: Wenn gar nichts mehr geht: Vertragspartner benachrichtigen und in die Klinik gehen.

So sieht der heute aufgestellte Notfallplan für Phasen, in denen man nicht mehr leben möchte und das Gefühl hat, dass man das auch nicht mehr kann, aus.

Ich schreibe das nicht, um den Lesern hier Angst zu machen. – Mir geht es im Moment aus mir unerfindlichen Gründen sehr gut und ich bin voller Tatendrang. – Ich nenne diese fünf Stufen als Orientierungshilfe für diejenigen unter euch, denen es ab und zu ähnlich geht. Vielleicht ist ja jemand dabei, der selbst manchmal in diese Lage kommt oder der einen anderen Menschen kennt, dem es so geht.
Wichtig ist vor allem der Vertrag, der diesem Plan zu Grunde liegt. Ich persönlich habe ihn mit einer qualifizierten Person abgeschlossen. Schriftlich und mit meiner Unterschrift.
Jetzt bin ich verpflichtet a) weiterzuleben und b) mich an die fünf Stufen zu halten, vor allem an Stufe 2 und 5! Die anderen können beliebig ersetzt werden, aber diese beiden sollten auf jeden Fall enthalten sein, wenn man sich für diese Art der Prävention entscheidet.
Man geht nicht nur mit dem anderen ein Bündnis ein, sondern auch mit sich selbst. Und das ist das Wichtigste!

Es gibt eine Rangliste der Traumata, die ein Mensch haben kann. Auf Platz zwei kommt bereits der freiwillige Tod eines nahestehenden Menschen. – Das sollte man sich vielleicht auch mal bewusst machen.
Man macht sich damit nicht beliebter als vorher. Im Gegenteil. Nach der Phase der Trauer folgt in den meisten Fällen eine Phase der Wut. Viele Menschen fallen selbst in eine Depression, weil sie eine wichtige Person auf diese Weise verloren haben. Und da man selbst ja weiß, wie extrem es sich anfühlt, in einem schwarzen Loch zu sitzen und nicht raus zu kommen, sollte man das nicht auch noch den Menschen antun, die einen lieben. Und solche Menschen gibt es im Leben jedes einzelnen!

Bei depressiven Menschen halten sich die Vorteile, die der Tod zu bieten scheint und die Vorzüge des Lebens im besten Fall gerade mal die Waage. Häufig überwiegt jedoch der Wunsch endlich seine Ruhe zu haben und der Gedanke, dass es im Leben nichts gibt, dass es wert macht, zu bleiben.
Meine Idee dazu lautet folgendermaßen:
Am Zustand des tot seins, kann ich nichts ändern. Tot ist tot. In diese Seite der Waagschale kann ich also kein weiteres Gewicht legen.
Das Leben, mein Leben, kann ich sehr wohl ändern. Ich kann nicht die ganze Welt verbessern, das kann niemand. Aber man kann die eigene Welt verbessern. Man kann in die Waagschale des Lebens so viele Dinge hinein legen, die schließlich dazu führen werden, dass das Leben das Übergewicht bekommt.
Tot sein ist passiv. Leben ist aktiv! Wir werden nicht von unserem Leben, der Zeit oder anderen „höheren“ Mächten gesteuert oder gar unter Druck gesetzt. Wir haben unser Leben in der Hand und sind Meister darüber, ob es ein gutes Leben ist. Und es ist nie zu spät aus seinem Leben etwas zu machen.
Ich selbst kann bestimmen, ob es mir gut geht oder nicht.
Wichtig ist vor allem, dass man mit leichten Dingen beginnt. Das Einfachste ist oft schon sehr wirksam.
Für mich ist es zum Beispiel wichtig, dass ich mich in meinem Zimmer wohl fühle. Bilder sind ein absolutes Muss und kahle Wände können sehr bedrückend sein. Dabei sollte man darauf achten, dass man nicht unbedingt die schrecklichsten Bilder aufhängt. Klar, niemand kann dazu gezwungen werden, sich Blumenwiesen, lachende Kinder oder Herzchentapete an die Wand zu klatschen. Aber dann wenigstens Bilder mit neutraler Stimmung. In neutralen, evtl. sogar tröstlichen Farben.
Äußere Ordnung erzeugt innere Ordnung. Ich merke an mir selbst, dass es mir weniger gut geht, wenn mein Zimmer eher einer Müllhalde, als einem Wohnraum ähnelt. (Ein Grund, warum ich gleich nach Hause gehe und aufräume…)
Und: der Geruch ist von nicht geringer Bedeutung! – Häufig lüften, vielleicht sogar ein Raumspray besorgen oder Duftkerzen aufstellen. Räucherstäbchen sind auch nicht schlecht.
So. Das Zimmer/die Wohnung ist jetzt angenehm gestaltet.
Weiter geht es mit der Musik.
Auch hier gilt: wenn schon nicht fröhlich oder positiv, dann wenigstens neutral. Nicht die schlimmsten Heulballaden oder düstersten Symphonien ins Regal stellen. Es dauert sicher eine Weile, bis man die richtige Musik oder den passenden Künstler für sich gefunden hat, der einen in schlechten Momenten trösten, der aber auch in guten Zeiten die positive Stimmung unterstützt; aber gerade dieser Prozess kann auch schon ein Erlebnis sein!
Was für die Musik gilt, gilt auch für Bücher und Filme.
Das sind erst mal ein paar kleine Tipps, die den Einstieg in das Projekt: Ich bastle mir mein Leben! Erleichtern könnten.

Allerdings möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich hier nur von mir und meinen Ansichten geredet habe. Das kann man auf keinen Fall auf jeden anderen Menschen eins zu eins übertragen.
Aber vielleicht waren ein paar Denkanstöße dabei.
Und zum Schluss noch ein letzter Gedanke:
Der Tod kommt sowieso, kostenlos und freihaus. Aber mein Leben kann ich selbst gestalten und beeinflussen, hier bin ich der Bestimmer, also: Nutze die Chance, Herr über deine eigene kleine Welt zu sein!

PS: Und was die Elefanten auf Eis angeht - ab dem 26. Januar mache ich einen Tanzkurs! ;-)

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