Dienstag, 8. Januar 2008

Illusion und Wirklichkeit

Mo: Nervenzusammenbruch in der Mittelaltervorlesung, Heulkrampf am Nachmittag und völlige Verzweiflung nach der abendlichen Kelten-Übung.
Di: Erneuter Zusammenbruch, wiederholte Wein- und Schreikrämpfe, extreme Aufregung vor dem Referat, schließlich während des Referates: Ohnmachtsanfall.

So sah mein Plan für diese Woche aus.
Ich habe fest damit gerechnet, dass es so oder so ähnlich ablaufen wird.
Aber jetzt sitze ich hier im Computerraum der Hauptbib und erfreue mich bester Gesundheit.
Da stimmt doch was nicht…
In mein Leben scheint sich ein positiver Virus eingeschlichen zu haben.
Denn diese Woche begann damit, dass ich erst mal ohne Regenschirm durch Erlangen gestapft bin, um dann noch schnell meinen Einkauf zu erledigen und mit gefühlten zehn Meter langen Armen wieder nachhause zu kommen. Ohne das bekommen zu haben, was ich eigentlich wollte. Eine Rohrzange. Denn ich hatte vor, den Schlauch meines Vorderrades zu wechseln (ja, schon wieder). So begab ich mich nach einem kleinen Frühstück mit meinem Taschenmesser, an dem eine kleine Zange ist und dem neuen Schlauch in den Hof, um es erst mal so zu probieren. – Da ist noch nicht viel Positives zu sehen, es lief also wie geplant.
Als ich aber quer über den Hof gehe, bemerke ich, dass der Mann unserer Hausmeisterin soeben an deren Rad herum schraubt. Kurzer Hand und völlig gegen mein Prinzip, niemanden um einen Gefallen zu bitten, gehe ich zu ihm hin und bitte freundlich und gutgelaunt (warum das denn?) um eine Zange. Er gibt mir eine, ich bau das Vorderrad aus, bin dabei den Schlauch einzufädeln, als er um die Ecke des Fahrradunterstandes lugt, mir in gebrochenem Deutsch klar macht, dass ich die Zange an einem bestimmten Platz bei den Fahrrädern liegen lassen soll. Dann stützt er die Hände in die Hüften, sieht zum Himmel und meint nur „Ha, Frühling, wunderbar!“.
Ich war mit der Reparatur schneller fertig als gedacht und konnte wenig später zur Mittelaltervorlesung radeln.
Das war das erste positive Erlebnis.
Am Abend folgte das Zweite. Denn in der Kelten und Germanen – Übung beantwortete ich eine Frage eines Kommilitonen, die selbst unser Dozent nicht sofort beantworten konnte. Dieser meinte dann in einem selbstironischen Ton, dass er sich ein bisschen schäme, nicht selbst gleich so geantwortet zu haben, das sei eine sehr intelligente Antwort und sehr schön.
Heute ging es dann so weiter.
Ich ging zwar morgens nicht zur Linguistik-Sitzung, weil ich extrem müde ziemlich mies drauf war, aber nachdem ich dann doch aufgestanden war, lief wieder alles wie geschmiert.
Die Dame im Kopiergeschäft war sehr nett zu mir, lächelte freundlich und wünschte mir einen schönen Tag. (klar, das macht sie bei jedem, aber mir ist es eben aufgefallen…)
In der Bibliothek sitzend bekam ich noch mal einen leichten Schock, als um viertel vor zwölf mein Handy vibrierte und mich darauf hinwies, dass um viertel nach zwölf das Seminar anfängt, in dem ich mein Referat zu halten habe. – Ich war innerlich auf zwei, nicht auf zwölf eingestellt.
Um die Sache abzukürzen: Es lief sehr glatt. Der Dozent und ich hatten häufig Blickkontakt, was mir persönlich ziemlich viel Sicherheit gab. Er witzelte sogar und als ich dann endlich dran war (als Letzte!), begann es mir sogar nach den ersten drei vier Sätzen richtig Spaß zu machen und ich hätte mich gerne weiter mit den anderen über Nero und seine künstlerischen Exzesse unterhalten.
Die Krönung war, dass ich die Bestätigung bekam, dass ich die Gliederung meines Referates für die Hausarbeit übernehmen kann.
Beflügelt von diesem Erlebnis schwang ich mich auf meinen Udo (Fahrrad) und belohnte mich mit einem Zwischenstopp bei McDoof und einer neuen CD. „In-a-gadda-da-vida“ von Iron Butterfly. Zehn Minuten Solos. Gibt´s was Geileres?
Und es war nicht so, dass etwa die Glückssträhne abbrach. Der Typ im Musikladen war sehr nett und im Mc wurde ich angegraben.
Ja, ich. – Es geschehen noch Zeichen und Wunder!
Und es tat so gut, dem Typen klar zu machen, dass er sich keine Mühe geben muss, weil ich schon vergeben bin! Und das sehr glücklich.

Als ich zwischendurch ein wenig nachgedacht habe, kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht gar nicht so schlecht in Philosophie wäre. – Klar, dieses Fach besteht nicht daraus, sich ständig irgendwelche Theorien zu überlegen, die sehr abstrakt und kaum nachvollziehbar sind…aber trotzdem hat Philosophie für mich was mit „Herumspinnen“ im weitesten Sinn zu tun. Und das kann ich ja eigentlich ganz gut.
Stellt sich nur die Frage: Was macht man mit einem Abschluss in Philosophie?

Wie dem auch sei.
Sollte ich ein Fazit der bisherigen Woche ziehen, könnte ich fast sagen:
Das Leben ist schön.

Und jetzt geh ich nachhause, schnapp mir meinen Charlie (Gitarre) und sing ne Runde!


PS: Sollte sich jetzt jemand Gedanken machen, warum ich Gegenständen Namen gebe, kann ich ihn beruhigen: Ich bin nicht die einzige! – Und außerdem macht es Spaß und man fühlt sich weniger allein ;-)

Keine Kommentare: